Von Bienchen und Blümchen im Saanenland
15.08.2022 Natur, Soziales, Bildung, Natur, Saanenland, GstaadUm kommende Generationen im Umgang mit den Bienen zu sensibilisieren, gibt es spezifische Angebote für Kinder. Und wenn sie von etwas begeistert sind, sagen sie es gerne weiter.
KEREM S. MAURER
Alle kennen die Geschichte von den Bienchen und den Blümchen, in der es um die Entstehung des Lebens geht. Dass dabei die Bienen eine entscheidende Rolle spielen, dürfte spätestens seit Albert Einsteins oft zitierter Weisheit «Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Tage zu leben» allen klar sein. Förderprogramme zum Erhalt der natürlichen Honiglieferanten und fleissigen Pflanzenbestäuber gibt es mittlerweile viele. Auch im Saanenland werden Anstrengungen unternommen, Kinder für Bienen zu sensibilisieren.
Kinder sollen sensibilisiert werden
«Wenn Kinder etwas zu schätzen gelernt haben, achten sie dies auch im Erwachsenenalter», ist Corina Wampfler überzeugt. Sie ist seit fünf Jahren begeisterte Imkerin und amtet als Sekretärin des Imkervereins Saanenland. Ihr Wissen gibt sie unter anderem auch den Schülerinnen und Schülern der John F. Kennedy International School weiter. Die Schule in Saanen bot bislang im Rahmen eines Pilotprojektes das Thema Bienen als Wahlfach an. Im zu Ende gegangenen Schuljahr konnte dieses Fach erstmals als Regelfach für die 5. Klasse belegt werden. Dabei betreuten die Schüler:innen zusammen mit ihrer Klassenlehrerin und der Imkerin drei Bienenvölker und lernten, wie viel Bienen arbeiten, bis ein Glas voll mit Honig ist. «Wir wollen, dass die Kinder die Natur erleben und komplexe Zusammenhänge begreifen», erklärt Corina Wampfler. Zu Beginn hätten die Kinder zwar noch Angst vor den Bienen und seien unsicher. Aber: «Spätestens, wenn Kinder eine Wabe mit darin herumwuselnden Bienen in der Hand gehalten und gemerkt haben, dass sich die Tiere nur für ihre Arbeit und nicht für die Kinder interessieren, sind sie begeistert.»
Schwierige Kommunikation
Von dieser kindlichen Begeisterung profitiert auch das Hotel The Alpina Gstaad, das seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit einem Imker eigene Bienen hält und züchtet. Jasmina Kühne, EarthCheck-Koordinatorin und Nachhaltigkeitsbotschafterin im The Alpina Gstaad, weist auf die Schwierigkeit des Themas Nachhaltigkeit in der Kommunikation hin. Deshalb setzt The Alpina Gstaad auf Bienen-Workshops für ihre Gäste, durchgeführt vom einheimischen Imker Stefan Neuhaus. Warum für Hotelgäste? Jasmina Kühne: «Die Kinder unserer Gäste wachsen in privilegierten Haushalten auf. Dieser Workshop ist eine gute Gelegenheit, ein Ökosystem zu erleben, das Saanenland zu wertschätzen und sie in ihrem Konsumverhalten zu sensibilisieren.» Sind die Kinder nach dem Workshop begeistert und haben sie die Geschichte hinter dem Honig begriffen, verbreiten sie das Erlebte in den sozialen Netzwerken und fördern das Verständnis in ihren Freundeskreisen. «Damit übernehmen sie einen wichtigen Teil der Kommunikation in Sachen Nachhaltigkeit», so Kühne.
Bienen machen Kinder stark
Ein weiterer positiver Effekt an der Arbeit mit Bienen sei, dass unsichere und ängstliche Kinder im Umgang mit Bienen selbstsicherer werden. «Wenn Kinder lernen, dass sie wilde Tiere – Bienen lassen sich weder erziehen noch dressieren – handhaben können, steigert das ihr Selbstbewusstsein», weiss Wampfler und betont, dass jeder, der mit Bienen arbeite, den Kopf bei der Sache haben müsse. Denn wenn ein Imker anderes im Kopf habe, merkten dies die Bienen und würden unruhig. Die Arbeit mit Bienen habe ausserdem etwas Beruhigendes, das sich auch positiv auf zappelige Kinder auswirke.
Wichtig für spätere Persönlichkeiten
Und es geht um Nachhaltigkeit. «Wir versuchen allen Honig, den wir in unserem Betrieb benötigen, von unseren Bienen selber zu gewinnen», erklärt Jasmina Kühne. Kurze Transportwege seien genauso wichtig wie lokale Produktion. Aber: «Die Qualität muss stimmen!», hält sie fest. Beim Engagement des The Alpina Gstaad geht es nicht zuletzt um das zwölfte UN-Nachhaltigkeitsziel, bei dem es um nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster geht. Und Corina Wampfler ergänzt, dass viele der JFK-Kinder aus dem asiatischen Raum stammten und dereinst möglicherweise einflussreiche Personen würden. «Da macht es Sinn, wenn sie als Kind ein Gespür für die Natur bekommen haben», ist sie überzeugt.
MoBees der Mobiliar-Versicherung
Erwähnenswert ist noch das MoBees-Projekt der Mobiliar-Versicherung. Ein Mitarbeiter kam 2016 auf die Idee, auf dem Gelände der Mobiliar in Bern Bienen ein Zuhause zu geben. Gemäss Website der Mobiliar zogen bereits im Frühling desselben Jahres zwei Bienenvölker in ihre Bienenkästen an der Bundesgasse ein. 2022 machten schweizweit 75 von 80 Agenturen mit. Rund acht Millionen MoBees-Bienen lebten in der Schweiz und Lichtenstein auf 200 Standorte verteilt. Einer dieser Standorte hätte die WG Mischer in Saanen sein können. Doch wie Imker Ueli Reichenbach, der das Projekt betreut hat, auf Anfrage bekannt gibt, musste das Projekt aufgrund von Allergikern in der WG gestoppt werden. Momentan ist das Bienenhaus der Mobiliar in Saanen zu Reichenbachs Bedauern nicht im Einsatz.
Im Rahmen des Ferienpasses würden regelmässig durch Robert und Margrit Hauswirth in Feutersoey Bienentage für Kinder angeboten, erzählt Corina Wampfler. Auch kämen immer wieder Schulklassen bei ihr oder anderen Imkern im Bienenhaus in Gsteig vorbei, um sich zu informieren. Und der Imkerverein Saanenland führt regelmässig Beratungen für Mitglieder und Imkergrundkurse für Neuimker durch, um auf die Thematik der Bienen aufmerksam zu machen, und hilft, die Bestände vieler bedrohten Insekten zu stabilisieren und deren Fortbestand zu gewährleisten.