Ist das Wohnbauprojekt Ebnitmatte auf Kurs?
22.06.2023Seit der Präsentation Ihres Projektes an der Gstaader Messe sind Sie kaum an die Öffentlichkeit getreten. Sind Sie noch dran am Ebnitmatte-Projekt?
Hanspeter Reichenbach (HR): Selbstverständlich. Das Interesse der Bevölkerung ist seit der Gstaader Messe ungebrochen. Noch immer kommen Leute aktiv mit Fragen auf uns zu, sowohl potenzielle Mieter wie auch potenzielle Genossenschafter. Das gibt uns Rückenwind. Wir haben inzwischen viel Arbeit investiert und auch einiges erreicht.
Zum Beispiel?
Claudio Thoenen (CT): Die wichtigste Frage, die es abzuklären galt, war bezüglich des Landes, auf dem der gemeinnützige Wohnbau errichtet werden soll. Es gehört der Gemeinde und die steht dem Projekt glücklicherweise positiv gegenüber. Wir haben die Vor- und Nachteile verschiedener Szenarien durchgespielt, so wie Kauf, Abtreten im Baurecht, Schenkung usw. Momentan ist eine Sacheinlage im Gespräch.
Was bedeutet das?
CT: Das heisst, die Gemeinde würde selbst Genossenschafterin werden, mit dem Land als Einlage. Diese Möglichkeit erscheint uns als die momentan beste Lösung, braucht aber noch Abklärungen vonseiten der Gemeinde.
Apropos Genossenschafter: Haben Sie inzwischen feste Zusagen?
CT: «Fest» im Sinne von «schriftlich» noch nicht. Wir haben aber so viele mündliche Zusagen, dass wir die Eigenkapitaleinlage, die wir anfänglich anstrebten, sogar erhöht haben: von ursprünglich 3,6 Millionen auf 6 Millionen Franken. Sobald wir eine positive Rückmeldung vom Gemeinderat erhalten, werden wir bereits interessierte und auch weitere potenzielle Genossenschafter anschreiben und um eine verbindliche Bestätigung bitten.
Und wie sieht es mit der Fremdfinanzierung aus?
HR: Positiv. Mehrere Banken haben bereits grundsätzlich zugestimmt. Leider sind jedoch inzwischen die Zinsen schmerzlich gestiegen. Wir prüfen im Moment alle Möglichkeiten, um den Zinssatz so gering wie möglich zu halten, damit auch die Kostenmiete nicht zu stark ansteigt.
Dieses Projekt nimmt neben Ihren gewöhnlichen Tätigkeiten als Architekt respektive als Bauunternehmer sicher viel Zeit in Anspruch. Arbeiten Sie immer noch im gleichen kleinen Team wie in der Anfangsphase?
HR: Ja, aber wir haben inzwischen Verstärkung im Team durch zusätzliche Personen, die genau wie wir dieses soziale Gemeinschaftsprojekt ehrenamtlich voranbringen möchten: Ana de Moura hilft als Wirtschaftsprüferin unter anderem bei Finanzierungsfragen und Bauingenieur Thomas Kernen hat eine Bedürfnisanalyse zum nötigen Wohnraum durchgeführt. Die Notarin und Rechtsanwältin Lea Romang berät uns bei vertraglichen Fragestellungen.
Eine Bedürfnisanalyse?
CT: Ja, Thomas Kernen hat Mitgliedern aus dem Hotelier- und Gewerbeverein eine Umfrage zugeschickt und die 86 erhaltenen Antworten ausgewertet. Unter anderem sollten die Unternehmer bestimmen, wie viele bereits bestehende, eigene Wohnungen sie den Mitarbeitenden zur Miete zur Verfügung stellen können. Auch sollten sie den zusätzlichen Bedarf an Wohnraum aktuell und für die nächsten fünf Jahre einschätzen.
Haben Sie die Ergebnisse aus der Studie in Ihrem Vorhaben bestärkt?
HR: Ja, auf jeden Fall. Ein interessantes Ergebnis war, dass der Wohnraum zum grossen Teil nicht nur saisonal, sondern ganzjährig gebraucht wird. Und ausserdem haben wir nun die Bestätigung, dass wir an dem Wohnungsmix, den wir geplant haben, festhalten können.
Welchen Wohnungsmix?
HR: Wir haben für die 60 Wohneinheiten, die auf der Ebnitmatte gebaut werden sollen, einen Wohnungsmix für Familien in den Grössen von 21/2- bis 51/2-Zimmer-Wohnungen angedacht. Das Ergebnis der Bedürfnisanalyse hat uns in diesem Plan bestätigt. Aus der Befragung ging hervor, dass knapp 400 Wohnungen gebraucht werden, also sogar ein Vielfaches mehr als die 60 geplanten Wohnungen.
Werden nicht auch Studios für Einzelpersonen, etwa für Saisonarbeiter, dringend benötigt?
HR: Natürlich. Laut dem Ergebnis der Befragung sogar fast ebenso viele Studios wie Wohnungen. Allerdings möchten wir im neuen Wohnquartier auf der Ebnitmatte die Bedarfsgruppen nicht zu stark vermischen. Einzelpersonen haben oft andere Bedürfnisse oder Lebensweisen als Familien. Wir können nicht alle Probleme gleichzeitig lösen und werden uns zunächst auf die Erstellung von Wohnungen für Familien, Paare usw. konzentrieren.
CT: Die Fragen in der Bedürfnisanalyse waren allerdings bewusst so konzipiert, dass auch die Steuergruppe «Wohnsituation Ortsansässige» der Gemeinde Saanen die Ergebnisse nutzen kann. Die Steuergruppe schaut in einem breiteren Rahmen an, wie die Wohnsituation für Ortsansässige verbessert werden kann.
Wie geht es weiter? Wann wird die Genossenschaft konstituiert?
CT: Spätestens nach der Gemeindeversammlung, wenn auch die Frage nach dem Land geklärt ist, werden die Statuten voraussichtlich alle in ihrer endgültigen Form definiert sein. Die Statuten für die Genossenschaft werden vom Gemeinderat geprüft und vom Bundesamt für Wohnungswesen genehmigt. Erst dann kann sich die Genossenschaft konstituieren.
Wie können sich interessierte Mieter oder Genossenschafter informieren oder sich über Ihre weiteren Schritte informieren?
HR: Wir erarbeiten gerade die Webseite www.ebnitmatte.ch, die schon sehr bald online gehen wird. Zuerst nur sehr einfach, doch wird es dort ab Juli Erklärungen zum Projekt und auch regelmässige Aktualisierungen geben.

