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29.08.2022 Kultur, Kultur, Gstaad, Konzert, SaanenDas Gstaad Menuhin Festival & Academy wird sowohl unternehmerisch als auch künstlerisch den Weg zur Nachhaltigkeit gehen.
Das Gstaad Menuhin Festival & Academy verursacht pro Jahr 2109.3 Tonnen Kohlendioxid. Die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Person und Konzertbesuch betragen 82 Kilogramm des Gases.
Seit Anfang 2022 wurden in Zusammenarbeit mit der Stiftung myclimate die gesamten CO2-Emissionen des Veranstalters bemessen. Der gesamte Jahresbetrieb der Geschäftsstelle, der Gesamtbetrieb inklusive aller Veranstaltungen sowie Mobilität und Übernachtungen der jährlich über 25'000 Konzertbesuchenden ebenso wie die der Künstlerinnen und Künstler sind in diese Erhebung eingeflossen.
Nachhaltig anreisen und unterbringen
«Zu den grössten Herausforderungen gehören die An- und Abreise sowie die Übernachtungen unserer Konzertbesucherinnen und -besucher», erklärte Geschäftsführer Lukas Wittermann die Untersuchungsergebnisse der Stiftung myclimate im Rahmen einer Pressekonferenz am letzten Freitag. Dieses Ergebnis war zu erwarten. «Als dezentrales Festival sind wir hier besonders stark gefordert. Wir werden alles daransetzen, dieses Handlungsfeld mit Impulsen, Anreizen und unter Einbezug unserer Stakeholder anzugehen.»
Welche Massnahmen dahingehend konkret getroffen werden, wird sich im Austausch mit dem Verwaltungsrat ergeben. Dafür wird sich der Verwaltungsrat des Gstaad Menuhin Festival & Academy im Anschluss an die laufende Festivalsaison in Klausur begeben, um diese und die übrigen Bemessungsergebnisse eingehend zu analysieren. Ganz sicher könne man bei der Unterbringung der 25'000 Besucher, die sich während der sieben Festivalwochen ins Saanenland begeben und dort verweilen, schon im nächsten Jahr CO2-neutral sein. «Und es ist keineswegs erstrebenswert, die Besucherzahlen zu reduzieren. Wir sind froh und dankbar, dass so viele Menschen den Weg zum Festival finden.»
Die Reisen der Künstlerinnen und Künstler sind ebenso ein herausforderndes Handlungsfeld, auf das Gstaad Menuhin Festival & Academy direkten Einfluss ausüben kann. Der Artistic Director Christoph Müller wird diesen Aspekt künftig verstärkt in seiner Programmgestaltung und den Verhandlungen mit auftretenden Musiker:innen berücksichtigen – natürlich ohne die selbst gesteckten und im Laufe der Jahre gewachsenen Qualitätsansprüche des Festivals aus den Augen zu verlieren. Ein konkretes Beispiel dafür lieferte Müller sofort. «Wenn wir zwei Orchester zur Auswahl haben, die sich qualitativ auf gleichem Niveau befinden, werden wir uns für jenes entscheiden, das mit dem Zug anreisen kann.»
Die Entwicklung zu einem nachhaltigen Betrieb in der Geschäftsstelle könne sofort umgesetzt werden.
Begleitet wird das Gstaad Menuhin Festival & Academy auf seinem Weg zu einem nachhaltigen Anlass weiterhin von der Stiftung myclimate, die mit weiterführenden Messungen den Effekt der Massnahmen kontrollieren kann, und von einer Agentur, die Unternehmen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit wirtschaftlich berät. «Wer jetzt in Richtung Nachhaltigkeit vorausgeht und macht anstatt zu reden, der wird in den kommenden Jahren eine führende Position in seiner Branche einnehmen können», ist Daniel Krieg, Inhaber und CEO der Agentur, überzeugt.
Künstlerische Auseinandersetzung
«Die Musik allein wird die Welt nicht verändern, aber sie kann dazu beitragen», so Artistic Director Christoph Müller. Dem Gedankengut des Gründungsvaters Yehudi Menuhin folgend und in der festen Überzeugung, erneut etwas Einzigartiges in Gstaad zu kreieren, stehen die nächsten drei Festivalausgaben unter dem Motto «Wandel». Mit den Themenschwerpunkten «Demut», «Transformation» und «Migration» wird sich das Festival in den kommenden drei Jahren den verschiedenen Formen von Wandel künstlerisch zuwenden.
Im nächsten Sommer wird Demut gegenüber Natur, Vorbildern und Glaube vor allem durch Werke von Johann Sebastian Bach ins Zentrum gestellt. Im Jahr darauf wird sich das Festival inhaltlich mit «Transformation» auseinandersetzen. Grosse historische, soziale, technologische und geistige Veränderungen der Zeitgeschichte werden mit Hilfe der Musik bearbeitet. Das Festival 2025 wird sich mit dem Begriff der «Migration» beschäftigen. Musik und Exil gilt es in einen musikalischen Rahmen zu bringen.
«Wir wollen mit diesem Zyklus zum Nachdenken anregen, gewichtige Themen mit einer gewissen Leichtigkeit angehen, ohne dabei den Zeigefinger zu heben», schliesst Christoph Müller
Eine rührige Botschafterin
All diese Themenschwerpunkte werden durch innovative Projekte aus dem Laboratorium der Geigerin Patricia Kopatchinskaja begleitet. Die Musikerin, die mit dem Gstaad Menuhin Festival & Academy eng verbunden ist, wird Botschafterin des Zyklus «Music for the Planet». Der Zyklus umfasst jeden Sommer drei bis vier originelle Programme, denen ausdrucksstarke Botschaften über den Zustand der Natur, der Menschheit und der Gesellschaft zugrunde liegen. Sie, Patricia Kopatchinskaja, liess sich die Gelegenheit nicht nehmen und kam zwischen Probe und Konzertauftritt an die Pressekonferenz. Sie äusserte ihr Unverständnis für das Benehmen der Menschheit und ihre Hoffnung, mit der Musik Menschen in eine andere, bessere Richtung bewegen zu können.
In den Konzerten werden verschiedene Genres und Stile miteinander kombiniert, um auf die Lage der Welt aufmerksam zu machen und ein künstlerisches Gesamterlebnis zu schaffen, das sich in aller Deutlichkeit von herkömmlichen Formaten klassischer Konzerte unterscheidet.
PD/JENNY STERCHI