Gemeinde Saanen: drei Projekte mit rund 130 bezahlbaren Wohnungen
20.08.2024 SaanenRund ein halbes Jahr nach der Bekanntgabe der Umfrageergebnisse zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum stellt sich die Gemeinde Saanen der Frage: Was hat sie bislang umgesetzt oder aufgegleist? Zudem stellt die Gemeinde eine Begleitgruppe in Aussicht, die ihr diesbezüglich künftig auf die Finger schaut.
KEREM S. MAURER
Bezahlbarer Wohnraum in Saanen ist ein rares Gut. Diese Tatsache ist nicht erst seit der Bevölkerungsumfrage zur Förderung von preiswertem Wohnraum vom letzten November bekannt, an der sich rund 360 Saaner:innen beteiligt haben. 85 Prozent von ihnen waren der Meinung, dass der Gemeinderat von Saanen selbst aktiv werden muss, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen (wir haben berichtet). Welche Massnahmen hat die Gemeinde getroffen und was hat sie noch im Sinn, um dem akuten Wohnungsmangel aktiv zu begegnen?
«Wir haben die Anliegen der Bevölkerung gehört und verstanden», sagen Petra Schläppi, SVP-Gemeinderätin und Vorsteherin der Sozialbehörde, sowie SVP-Gemeinderat Martin Hefti, Vorsteher der Liegenschaftskommission, unisono.
Es soll vorwärts gehen
Martin Hefti nennt zwei Wohnhäuser im Rübeldorf – eines davon steht unter Denkmalschutz –, die saniert werden. Eines der beiden soll nach der Sanierung eine Wohneinheit mehr bieten – darüber wird an der kommenden Gemeindeversammlung vom 13. September unter Traktandum 5: «Wohnhaus Rübeldorfstrasse 89, Verpflichtungskredit» abgestimmt (siehe Seiten 6–7). «Diese Sanierungen waren ohnehin fällig. Jetzt wollen wir aber bedingt durch die akute Not schneller vorwärts machen», erklärt er und benennt noch ein drittes Projekt auf einer gemeindeeigenen Bauparzelle im Rübeldorf, auf der aktuell die Architekturausschreibung im Gang sei und wo zwölf Wohneinheiten geplant seien. «Dieses Projekt ist direkt auf die Wohnbaustrategie zurückzuführen», betont Hefti und ergänzt, man stelle sich allgemein die Frage, wo was umgesetzt werden könne.
In diesem Zusammenhang erinnert der Gemeinderat an das Projekt «Daheim», bei dem altersgerechte Wohnungen zu günstigen Konditionen entstehen sollen, und das «irgendwann einmal» realisiert werden sollte. Warum es bei diesem Projekt, das «startbereit in der Schublade» liege, nicht vorwärts gehe, sei einer hängigen Einsprache geschuldet. «Auch gegen die neue Eingabe hat es wieder Einsprachen gegeben», bedauert Hefti. Das ist hierzulande nichts Neues: Viele Bauprojekte werden durch Einsprachen blockiert. «Ärgerlich ist, dass viele Projekte durch Einsprachen von Zweitwohnungsbesitzenden verhindert oder verzögert werden», sagt Petra Schläppi. Dies sei umso ärgerlicher, weil diese selbst ja auch einmal eine Baubewilligung beantragt und bekommen hätten.
Gemeindewohnungen beim «Chinderhuus»
Auf der Wiese hinter dem «Chinderhuus» besitze die Gemeinde vier Bauparzellen, erklärt Petra Schläppi und merkt an, dass das «Chinderhuus» auf einer gemeindeeigenen Parzelle stehe, die im Baurecht abgegeben worden sei. Das «Chinderhuus» soll, wie auch das benachbarte Ferienheim Alpenblick, durch einen Neubau ersetzt werden. Auch die Stiftung Alpenblick Gstaad plant dort bezahlbaren Wohnraum (wir haben berichtet). Und die Gemeinde selbst will laut Petra Schläppi auf drei ihrer vier Bauparzellen bezahlbare Wohneinheiten erstellen. «Da könnten laut einer Überbauungsstudie immerhin drei bis vier Mehrfamilienhäuser mit je mindestens fünf Wohneinheiten erstellt werden», sagt sie. Aber wie viele Wohneinheiten in welcher Grösse es geben könnte, lasse sich derzeit nicht genau sagen. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass «bezahlbar» keine definierte Grösse ist und individuell verstanden werden muss.
Rund 130 bezahlbare Wohnungen
Und dann ist da noch die Überbauung Ebnitmatte. Dies sei zwar kein Projekt der Gemeinde, sondern der Wohnbaugenossenschaft, bilde aber ein gutes Beispiel dafür, wie sich Genossenschafter vereinen, um auf gemeindeeigenem Land für Einheimische zu bauen. Die Gemeinde, so Hefti, habe sich mit dem Bauland und einem à-fonds-perdu-Beitrag grosszügig daran beteiligt. Die Ebnitmatte sei sehr interessant für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. «Wenn das Neubauprojekt im Rübeldorf, der Alpenblick und die Ebnitmatte umgesetzt werden, entstehen für das Saanenland rund 130 bezahlbare Mietwohnungen», betont Hefti. Und dies würde die aktuell angespannte Wohnungssituation enorm entspannen. Doch sei es unmöglich genau vorauszusagen, wann diese Wohnungen bezugsbereit sind.
Daneben verfolgt die Gemeinde noch eine weitere Massnahme: Nämlich den Erwerb von Bau- und Gewerbeland, das sie im Baurecht abgeben will. Auch dies ist ein Anliegen, das von 70 bis 80 Prozent der Saaner:innen im Zusammenhang mit eingangs erwähnter Umfrage aufgeworfen wurde. «Wir haben entsprechende Verhandlungen geführt, da läuft etwas», räumt Petra Schläppi ein. Doch tiefer lässt sich die Gemeinderätin zu diesem Zeitpunkt nicht in die Karten schauen.
Strategie wird zum Legislaturziel
Bis Ende Jahr seien juristische Abklärungen am Laufen, danach werde die Wohnbaustrategie als Legislaturziel der kommenden Legislatur definiert. Die Wohnbaustrategie und deren Umsetzung sei eine längerfristige Geschichte, so Petra Schläppi. Und Martin Hefti ergänzt: «Dies ist ein laufender Prozess, an dem stetig weitergearbeitet werden muss.» Gerade im Bauwesen gehe es zum Teil sehr langsam vorwärts, da passiere nichts von heute auf morgen – zudem müsse immer mit Einsprachen gerechnet werden. Selbst dann, wenn es sich um notwendige Projekte handle, die den Einheimischen zugutekämen. Daher müsse die Strategie immer wieder geändert und neuen Gegebenheiten angepasst werden. Was ist in zehn Jahren? Wie wirken sich die einzelnen Projekte auf den Wohnungsmarkt aus und wie stark muss die Gemeinde auch später noch aktiv ins Baugeschehen eingreifen?
Begleitgruppe soll Gemeinde beratend zur Seite stehen
Sobald alles so weit aufgegleist ist, soll eine Begleitgruppe gegründet werden, welche sich ein oder zweimal jährlich trifft und die Gemeinde bei der Umsetzung der Wohnbaustrategie unterstützt. «Die Begleitgruppe soll breit abgestützt – bestehend aus Mietern, Immobilienhändlern und Gewerblern – bei den Gemeindebürgerinnen und -bürgern den Puls fühlen und uns auf die Finger schauen», erklärt Schläppi. So soll verhindert werden, dass die Wohnbaustrategie in einer Schublade zum Papiertiger mutiert.