Paul Eggenberg – l’enfant de Lauenen, près de Gstaad?

  20.05.2022 Interview

Sainte-Croix 1955: Paul Eggenberg wurde Junioren-Schweizermeister in der Nordischen Kombination. Ein Westschweizer Korrespondent schrieb: «Le titre prit le chemin de l’Oberland bernois, à Paul Eggenberg, enfant de Lauenen, près de Gstaad.» Aber der Journalist irrte sich, denn Paul Eggenberg war kein Junge aus dem Dorf Lauenen, sondern Mitglied des Skiklubs Lauenen bei Thun.

EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH

Wer ist dieser junge Champion ausserhalb des Saanenlandes?
Der Gstaader Hanskurt Hauswirth, der in den Sechzigerjahren ein sehr leistungsstarker Skispringer und Nordisch-Kombinierer war, sagte: «Paul ist eine sehr interessante Persönlichkeit. Suche mit ihm das Gespräch!»

Paul, du bist also kein Lauener!
(Lacht): Ich verstehe, dass man mich mit Lauenen in Verbindung brachte, denn die wirklich guten Skispringer kommen aus dem Saanenland und nicht aus Heiligenschwendi oberhalb von Thun, wo ich aufgewachsen bin.

Wie kamst du zum Skispringen?
1935 erblickte ich das Licht der Welt. Bereits in den frühen Vierzigerjahren faszinierte mich das Skispringen. Der Skiklub Thun baute auf der Oberweid in Heiligenschwendi, auf der Mauer einer aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Tanksperre, einen Schanzentisch und oberhalb von diesem einen grossen Turm. Jede freie Minute war ich an der Schanze. Ich präparierte die Schanzenanlage, «trappte ufe und abe» und sprang und sprang. Stets allein. Das machte ich dann jahrelang so.

Wie entwickelte sich dein Weg an die Spitze?
Per Zufall vernahm ich von einem Mitglied des Skiklubs Lauenen bei Thun, dass der SSV zwischen Weihnachten und Neujahr 1949 in Mürren einen Ausbildungskurs in den Disziplinen Skispringen, Skilanglauf, Slalom und Abfahrt durchführen werde. Ich ging zum Präsidenten des Skiklubs Heiligenschwendi und sagte: «Ich möchte diesen Kurs besuchen.» Er solle mich bitte anmelden. Der Präsident schlug meine Bitte aus. Begründung: «Du gehst ja noch in die Schule.» Damals gab es in den Skiklubs noch keine Jugendkategorie JO.

Diese ablehnende Haltung des Skiklubpräsidenten von Heiligenschwendi entmutigte mich nicht. Herrmann Schmied, einem guten Langläufer des Skiklubs Lauenen bei Thun, verdanke ich es, dass mich sein Skiklub in den von mir gewünschten Kurs einschrieb. Als Schüler, ich ging 1949 in die neunte Klasse, hätte ich den Kurs in Mürren eigentlich nicht besuchen dürfen. Der Präsident des SC Lauenen bei Thun bat mich eindringlich, ja niemandem zu erzählen, dass ich noch ein Schulbub sei.

So kam es, dass ich nach Mürren fuhr. Im Ausbildungskurs unter der Leitung von Arnold Glatthard lernte ich das Leben eines Leistungssportlers kennen. Die Trainingseinheiten auf den Sprung-, Langlauf- und Alpinski waren pickelhart, aber sehr lehrreich.

Nach Abschluss der Schule war ich bis zum 20. Altersjahr immer als Skispringer unterwegs. In den Zeitungsberichten hiess es stets, der «Weitenjäger aus Thun» realisiere die weitesten Sprünge. Immer Thun, Thun und nochmals Thun! Das passte den Berner Oberländern gar nicht und dem Skiklub Heiligenschwendi noch weniger, weil Heiligenschwendi in der Presse nie erwähnt wurde.

1955 wurdest du Junioren-Schweizermeister in der Nordischen Kombination. Und danach?
… sprang ich in St. Moritz, Davos, Gstaad, Grindelwald, Kandersteg, Wengen und Engelberg aufs Siegerpodest. Aufgrund der zahlreichen Erfolge dachte ich, der SSV würde mich in seine Kurse einladen. Dieser heimliche Wunsch erfüllte sich leider nicht.

Ich liess den Kopf nicht lange hängen. Per Zufall entdeckte ich in der «Schweizerischen kaufmännischen Zeitung» folgendes Inserat: «Gesucht Chefbuchhalter in Schweizer Firma in Madagaskar, Rekrutenschule absolviert». Gut, dachte ich, wenn der SSV von mir nichts wissen will, begebe ich mich jetzt an einen fremden Suppentopf.

1960 dann die Ausreise nach Madagaskar?
In Madagaskar erlebte ich eine wunderbare Zeit. Mit dem Land und den Leuten, der Sprache und der Landschaft freundete ich mich schnell an. Die Firma, in der ich als Buchhalter und später Chefbuchhalter angestellt war, operierte im internationalen Import-Exportgeschäft. Besonders schön war, dass ich Lucile, eine Madagassin, im Jahr 1969 heiraten durfte.

Der Patron unserer Firma hatte ein gutes Gespür für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die einheimischen Lohnempfänger erhielten zusätzlich zu jedem Monatslohn 30 Kilogramm Reis, das Hauptnahrungsmittel in Madagaskar.

Die Firma bezahlte meinen Koch. Dieser jammerte und sagte mir, er können mit den 30 kg Reis seine sechs Kinder nicht gut genug ernähren. Ich überlegte nicht lange und schenkte ihm während zehn Jahren monatlich 30 kg Reis.

Und wie erging es euch nach der Rückkehr in die Schweiz?
Im Herbst 1969 kehrten wir in die Schweiz zurück. Zu Hause in Heiligenschwendi erinnerte ich mich an Kontakte mit der Spar- und Leihkasse Thun. Herr Jossi, der zu meiner aktiven Zeit als Nordisch-Kombinierer Präsident des Skiklubs Lauenen bei Thun war, bot mir an, in Gstaad das in ihrer Bank integrierte Reisebüro zu führen. Ich sagte zu und so zogen wir 1970 nach Gstaad, ins Badweidli.

Die Wohnung im Badweidli, über einer Autowerksatt, war nervig und der Gesundheit nicht förderlich. Dank der Unterstützung der Spar- und Leihkasse Thun konnten wir in Feutersoey unser Heim realisieren. Seit 1974 wohnen wir nun im Chalet Créole.

1991 ging die Spar- und Leihkasse Thun pleite. Ich erhielt das Angebot, das Reisebüro in Gstaad in eigener Regie weiterzuführen. Nach der Übernahme am 1. Januar 1992 durften wir Gästen und Bewohnern des Saanenlandes viele Reisewünsche erfüllen.

Du warst Chef Sprunglauf im Skiklub Gstaad und im BOSV
Dieses Engagement bleibt mir in sehr guter Erinnerung. Im Skiklub Gstaad waren wir eine stattliche Anzahl Skispringer, die Equipe war gut 30 Mann stark. Mit einem Mercedes-Bus, gemietet von der Garage Arno Mark, fuhren wir jedes Winterwochenende an Skisprungkonkurrenzen irgendwo in der Schweiz. Ueli Würsten von der Schmiede war Fahrer und Trainer zugleich.

Wie beurteilst du die Entwicklung im Skispringen und Langlaufsport?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Damals waren wir arm, hatten kein oder nur wenig Geld zur Verfügung. Ich arbeitete drei Wochen lang auf dem Bau, um 300 Franken für meine Sprungski aus Amerika bezahlen zu können. Das war damals sehr viel Geld!

Heute, wenn ein Mädchen oder ein Knabe weiterkommen will, müssen die Eltern sehr viel Zeit und Geld investieren. Können das alle Eltern, die begabte Kinder haben? Ich frage mich tatsächlich, ob das heutige Konzept «Fördern und Fordern» richtig ist.

Anstelle von Sprungski an den Füssen und Kundenberatungen im Reisebüro widmest du dich dem Malen.
Meine Tochter Beatrice motivierte mich dazu. Von der Bleistiftskizze zum Gemälde ist es ein weiter Weg – vergleichbar mit meinem Weg als Skispringer. Heute bin ich in der Lage, mit Ölfarbe Landschaften sichtbar zu machen.

Ehrung: Am 16. März verlieh der Lions Club Gstaad-Saanenland Paul Eggenberg – in Anerkennung seiner langjährigen Mitgliedschaft und ausserordentlichen Tätigkeit – die höchste Anerkennungsmedaille, den Melvin Jones Fellowship Award (siehe Bericht im AvS vom Dienstag, 22. März).


EIN ERLEBNIS AUS MADAGASKAR

Nur Fliegen ist schöner

In der Import-Exportfirma Jenny, in der Paul Eggenberg als Chefbuchhalter arbeitete, war es Brauch, dass jeder Schweizer fliegen lernte. Im Aeroklub in Fort Dauphin war das problemlos möglich. Das Flugzeug, der einmotorige Zweisitzer Chipmunk von der Firma De Haviland Aircraft of Canada war für Flugschüler bestens geeignet. Nach relativ wenigen Flugstunden fand sein Fluglehrer, er sei reif für die Prüfung.

Paul erzählt: «Mein Prüfungsauftrag lautete: Flug von Fort Dauphin nach Berenty, Weiterflug nach Beraketa und zurück nach Fort Dauphin. Ich musste um 8.00 Uhr startklar sein. Mutterseelenallein und ohne Flugplan machte ich mich im Zweisitzer auf den Weg. Kurz vor dem Abflug macht mich ein Mechaniker auf die Werkzeugkiste hinter dem hinteren Sitz aufmerksam. Er betonte, dass ich in der Werkzeugkiste auch Ersatzkerzen finden würde. Etwas erstaunt, vielleicht irritiert, erwiderte ich; «Was soll das? Ich bin doch kein Flugzeugmechaniker!»

Die Fluggeschwindigkeit sollte, um nicht abzustürzen, mindestens 160 km/h betragen. Das war mir bekannt. Ich hatte alles im Griff. Nach eineinhalb Stunden, dachte ich, sollte der zweite Flugplatz in Sicht sein. Und so kam es auch. Aber plötzlich begann der Motor zu stottern. Ich erschrak, fluchte wie ein Kutscher. «Verreckt nochmals, das ist gar nicht gut!» Was war zu tun? Gut, im Gleitflug konnte ich fliegen, das hatte ich gelernt.

Aber ich hatte zu wenig Höhe, um den Flugplatz erreichen zu können. Musste ich gar eine Notlandung auf dem Gras in Erwägung ziehen? Aber das wäre gar nicht gut herausgekommen, denn das Fahrgestell des Fliegers liess sich nicht einziehen. Ich würde das Flugzeug kaputt machen, mir die Beine und Arme brechen. Schlussendlich gelang die Landung auf dem Flugplatz. Niemand war da, kein Knochen weit und breit. Ich stellte den Motor ab und öffnete die Motorhaube. Ich sah zwölf Kerzen, die zehnte war kalt!

Gute 30 Gehminuten vom Flugplatz entfernt lag das Dorf Beraketa. Die Polizei musste bestätigen, dass ich mit dem Flugzeug hier war. Die örtliche Behörde liess sich Zeit, Geduld war gefragt. Zurück auf dem Flugplatz gelang es mir, die Kerze auszuwechseln. «Herrgott», bat ich, «mach, dass der Flieger fliegt!» Ich konnte wunderbar zurückfliegen. Ende gut, alles gut!

Am 8. Juni 1965 erhielt ich aus der Hand des zuständigen Ministers mein Pilotenbrevet.»

EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH

 

 


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