Neuer Olivier Berggruen Prize geht an Pallavi Mahidhara
19.08.2022 Kultur, Konzert, Musik, KulturZum ersten Mal wurde letzten Mittwoch in der Kirche Rougemont nach dem Konzert der Olivier Berggruen Prize verliehen. Die vielversprechende indisch-amerikanische Pianistin erhielt unter anderem eine Bronzeskulptur der Künstlerin Mai-Thu Perret.
ÇETIN KÖKSAL
Olivier Berggruen ist dem Saanenland generell und dem Gstaad Menuhin Festival speziell verbunden. Seine Familie kommt seit Jahrzehnten immer wieder gerne hierher, und das Festival berät der ausgebildete Pianist und anerkannte Kunstexperte in seiner Funktion als Artistic Advisor. Zusammen mit Christoph Müller (Artistic Director Gstaad Menuhin Festival) reifte in den beiden die Idee, einen Preis für junge Talente, welche am Format «Matinée des Jeunes Etoiles» des Menuhin Festivals teilnehmen, zu lancieren. Der Olivier Berggruen Prize soll eine Anerkennung des Talents und der künstlerischen Entwicklung der jungen Musiker am Anfang einer hoffentlich strahlenden Laufbahn sein. Zusätzlich zu der Bronzeskulptur von Mai-Thu Perret erhält der Gewinner einen Barbetrag von 12’000 Franken. Da Olivier Berggruen dem Klavier besonders zugetan ist, war ursprünglich geplant, den Preis ausschliesslich Pianisten zu verleihen. Im Gespräch deutete Berggruen aber an, dass diese Instrumentenbeschränkung keineswegs «in Stein gemeisselt» sei und er sich durchaus auch andere Instrumentalisten als zukünftige Olivier-Berggruen-Prize-Gewinner vorstellen kann. Auf die Frage, was er am Spiel der aktuellen Gewinnerin, Pallavi Mahidhara, besonders möge, antwortete Berggruen: «Ich mag ihre Klarheit, das unspektakulär Nuancierte und ihr Gespür für ein breites Repertoire.»
Alles fliesst…
Pallavi Mahidhara eröffnete ihr Rezital mit der von Brahms für nur die linke Hand bearbeiteten Chaconne aus der 2. Partita für Sologeige von Bach. Vom ersten Ton an zog die Pianistin das Publikum in ihren musikalischen Bann. Ein Teil von Bachs Genie besteht ja in diesem einmaligen Rhythmus, der uns augenblicklich in einen angenehmen Zustand der inneren Ruhe zu versetzen vermag, ohne dass uns im Geringsten langweilig würde. Dies als Interpret umsetzen zu können, zählt zur hohen Kunst und verlangt ein fundiertes Verständnis und Gefühl für Bachs Musik. Pallavi Mahidhara gelingt dies bereits in ihrer Karrierejugend, was im positivsten Sinne überraschend und selten ist. Nie brach ihr Spannungsbogen ab und immer arbeitete sie differenziert aus, ohne je zu übertreiben. Dies gelang ihr epochenübergreifend, was besonders schön bei Brahms beiden Rhapsodien in h- und b-Moll und noch mehr bei den «12 Variationen über ein eigenes Thema» von Alban Berg zum Ausdruck kam. Mahidhara scheint die geborene Interpretin zu sein – sie stellt sich in den Dienst des Werks, des Komponisten und gibt ihrer Version den genau richtig dosierten, persönlichen Touch. Im Gegensatz zu manchen ihrer Tastenakrobaten-Kollegen stellt sie sich nie unnötig in den Vordergrund – welch eine Wohltat! Mit dem ersten Satz aus Beethovens «Mondschein-Sonate» als Zugabe schloss sich der Kreis in angenehmster Ruhe – ein Wink für unsere schrille Zeit?