Das integrierte Versorgungsmodell mit Spital Zweisimmen scheitert an der Urne

  19.11.2023 Region

Am Sonntagnachmittag lag das Resultat vor: Die Stimmbevölkerung der Gemeinden Boltigen, Lauenen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen haben sich nicht einheitlich entschieden. Die Stimmengleichheit in der Gemeinde Lauenen führt dazu, dass das Projekt der Gesundheit Simme Saane AG (GSS) nicht realisiert wird. «Damit steht die Spital STS AG und der Kanton Bern in der Verantwortung, ein alternatives Versorgungsmodell für die Region zu entwickeln», schrieben die Gemeindepräsidien in der Medienmitteilung.

In Lauenen standen 147 Ja- zu 147 Nein-Stimmen einander gegenüber. Diese Stimmengleichheit führe dazu, dass das Abstimmungsergebnis als Nein gewertet werde, schrieben die Gemeindevorstehenden am Sonntag in ihrer Medienmitteilung. Damit ist das integrierte Versorgungsmodell mit Spital Zweisimmen an der Urne gescheitert. Bei den anderen Gemeinden Boltigen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen befürwortete die Stimmbevölkerung die Vorlage (siehe Tabelle).

Bedauern um Spitalschliessung
«Die Kampagne der Gegner des Projekts führte zur Verunsicherung und schliesslich zur Ablehnung», heisst es weiter. Die Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten würden es bedauern, dass damit das Akutspital Zweisimmen geschlossen werde. «Es muss das Ziel bleiben, eine stabile und verlässliche Gesundheitsversorgung für Bewohnende und Feriengäste zu gewährleisten», sagte der Sprecher der sechs abstimmenden Gemeinden, der Lenker Gemeindepräsident René Müller.

Wie geht es weiter?
Der Ball liege nun bei der Spital STS AG und dem Kanton Bern, die Grundversorgung im Gesundheitswesen für die Region sicherzustellen. Der Regierungsrat hatte die Spital STS AG bereits nach dem negativen Abstimmungsausgang in der Gemeinde Gsteig am 25. August 2023 vorausschauend beauftragt, die Vorarbeiten für ein ambulantes Gesundheitszentrum in Zweisimmen aufzunehmen. Die Gemeindepräsidien würden das Abstimmungsergebnis in ihren Gemeinderäten in den nächsten Wochen beraten. Dabei stünden grundlegende Fragen der Gesundheitsversorgung im Raum, schrieben die Vorstehenden.

Auswirkungen des Abstimmungsresultats
Eine weitere wichtige Aufgabe könnten die Gemeinden nur selber bewältigen: Der Abstimmungskampf habe Gräben in der Region aufgerissen, die es gemeinsam aufzuarbeiten gelte, um eine neue Basis für Vertrauen zu schaffen, so die Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten. «Die Region ist in vielen Bereichen, nicht nur im Gesundheitswesen, auf zielgerichtete Zusammenarbeit angewiesen», betont Müller für die sechs Gemeindepräsidien.

Kanton meldete sich zu Wort
Auch die Partnerorganisationen – bestehend aus der Gesundheit Simme Saane AG (GSS), der Spital STS AG und dem Kanton Bern, vertreten durch die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) – haben sich mit einer Medienmitteilung zu Wort gemeldet und schrieben, dass sie das Ergebnis zur Kenntnis genommen hätten.

Die Gemeinden hätten festgelegt, dass alle sechs Gemeinden dem Geschäft zustimmen müssen, um das integrierte Versorgungsmodell Gesundheitsnetz Simme Saane mit einem Akutspital umzusetzen. Der negative Volksentscheid in der Gemeinde Lauenen hat damit zur Folge, dass nun ein ambulantes Gesundheitszentrum aufgebaut wird. «Dies erfordert ein neues Versorgungskonzept, welches durch die Spital STS AG gemeinsam mit den Fachpersonen des Spitals Zweisimmen entwickelt und mit weiteren Partnern diskutiert sowie mit der GSI abgestimmt werden wird», heisst es in der Medienmitteilung.

Geburtshaus Maternité Alpine: «Herber Rückschlag»
«Mit grosser Enttäuschung und Betroffenheit» müsse die Genossenschaft Geburtshaus Simmental-Saanenland (Maternité Alpine) den Entscheid gegen das Gesundheitsnetz Simme Saane zur Kenntnis nehmen, schrieb sie in einer Medienmitteilung. Eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der zustimmenden Gemeinden habe bei der Urnenabstimmung dem Projekt zwar zugestimmt. «Jedoch war es die Stimmengleichheit der Gemeinde Lauenen, welche als Ablehnung gewertet wird und damit schlussendlich das Projekt zum Scheitern brachte», so die Genossenschaft. Somit sei die Zukunft für das Geburtshaus «mehr als ungewiss». Bei einer Schliessung des Spitals Zweisimmen müsse auch der stationäre Betrieb des Geburtshauses eingestellt werden. Die Genossenschaftsmitglieder werden zu gegebener Zeit zu einer ausserordentlichen Generalversammlung eingeladen, wie es weiter heisst.

Pro-Komitee kritisiert «Negativkampagne»
Das überparteiliche Pro-Komitee «Gesundheitsnetzwerk» habe mit Bedauern das Abstimmungsergebnis zur Kenntnis genommen. In seiner Medienmitteilung schreibt es, dass die «Negativkampagne der Gegner gezielt auf Verunsicherung und Spaltung gesetzt» hätten. Das Komitee zieht die Spital STS AG und den Kanton Bern nun in die Verantwortung, die Akutversorgung zu sichern, wie es schreibt. In Bezug auf den Abstimmungskampf sagt alt Nationalrat Erich von Siebenthal, der dem Pro-Komitee vorsteht: «Leider hat sich die Gemeinde Gsteig nicht an die freundnachbarlichen Gepflogenheiten gehalten und in die Abstimmung von sechs autonomen Gemeinden eingegriffen.» In dieser Situation sei die Region gefordert, wieder gemeinsame Wege und Lösungen zu finden.

PD/JOP
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