Für einmal Zirkusluft schnuppern
08.08.2022 Kultur, Kultur, Saanenland, Saanen, Musik, Kunst, FamilieZum 20. Jubiläum des Ferienpasses hat der Theaterzirkus Wunderplunder im Oeyetli seine Zelte aufgeschlagen und eine komplette Show mit 56 Kindern auf die Beine gestellt. Mit Akrobatik, Musik und Schauspiel sorgten sie für eine gelungene Unterhaltung für Gross und Klein.
JOCELYNE PAGE
Das Programm des Theaterzirkus Wunderplunder war nichts für schwache Nerven. Junge Feuerteufel erhitzten mit ihrer Feuershow die Zeltluft: Sie wirbelten mittels eines Seils angezündete Bälle durch die Luft und spuckten Feuer Richtung Zeltdecke. Kleine Akrobatinnen schwangen sich an weissen Leintüchern in die Höhe und landeten kopfüber in der Brücke oder im Spagat. Jede Darbietung gründete auf Teamwork, so halfen sich die Kinder gegenseitig bei Kunststücken, erinnerten einander an ihre Einsätze oder halfen sich gegenseitig auf, wenn eine bestimmte Figur schiefging. Doch niemals gab es einen Unterbruch oder lange Gesichter, denn: «The show must go on.»
Zwischen den einzelnen Aufführungen bewiesen junge Talente ihr Schauspielkönnen bei kleineren Sketchen. Während der Aufführungen suchten die kleinen Zirkustalente ihre Familien auf den überfüllten Zuschauertribünen und winkten ihnen eifrig zu, wenn sie die Eltern oder Geschwister entdeckten.
Neben dem Dargebotenen der Kinder, die ihre Eltern vor Stolz platzen liessen, sorgten zwei Zirkusmitarbeitende für unterhaltsame Momente für die Erwachsenen: Während sie die Bühne für das nächste Stück vorbereiteten, sprachen sie in ihren Rollen als ETH-Wissenschaftler mit Witz und Schalk über ihre Forschungen im Saanenland.
Kinder mit eiserner Disziplin dabei
Der Theaterzirkus ist von Mai bis Oktober auf Tournee. Innerhalb einer Woche studieren die Zirkusleute mit Kindern eine komplette Zirkusshow ein. Das um ein Jahr verspätete Jubiläumsangebot des seit 21 Jahren bestehenden Ferienpasses weckte grosses Interesse: 56 Kinder und Jugendliche aus dem Saanenland haben sich für das Programm eingeschrieben. «Das Zirkusangebot war sehr begehrt und entsprechend auch ausgebucht», sagt Rosa Reiter von der Kinder- und Jugendarbeit Saanenland-Obersimmental (Juga), die gemeinsam mit dem Cevi der reformierten Kirche Saanen und dem Ferienpassteam den Zirkus ins Saanenland holte. Dieser war nach 2013 das zweite Mal in der Region. «Wir lassen nicht noch einmal neun Jahre verstreichen, ehe der Zirkus wiederkommt», fügt Reiter hinzu. Denn die Woche sei «eine Wucht» gewesen.
Neben der spürbaren Freude, der beeindruckenden Organisation der Zirkusleute und dem reibungslosen Ablauf innerhalb des OK-Teams habe sie besonders die Ernsthaftigkeit der Kinder beeindruckt. «Die Kinder und Jugendlichen haben eine enorme Disziplin an den Tag gelegt. Täglich waren sie motiviert, voller Freude und mit Konzentration dabei», sagt die Sozialarbeiterin und -pädagogin. Neben dem dichten Programm hätten die Kinder zusätzlich am Cevi- und Juga-Rahmenprogramm teilgenommen, beispielsweise an der Schnitzeljagd oder der Kinderdisco im Zirkuszelt. «Es war einfach wunderbar!»
Das Selbstvertrauen fördern
Rosa Reiter hat das Zirkusprojekt überzeugt. «Alle Kinder werden integriert: egal welches Alter, welches Geschlecht, ob mit oder ohne Handicap.» Das Erlebnis stehe im Vordergrund, die Kreativität und das Selbstvertrauen werde gefördert, positive Gruppenerlebnisse würden ermöglicht und – vor allem – «Zirkusträume werden verwirklicht», sagt Reiter begeistert. Anna-Maren Brantschen vom Theaterzirkus Wunderplunder bestätigt: «Es geht darum, dass die Kinder und Jugendlichen ein tolles Erlebnis mit nach Hause nehmen können.» Anfang der Woche könnten die Teilnehmenden sich für eine der verschiedenen Disziplinen entscheiden. Es folge eine gemeinsame Zusammenarbeit zwischen den Theaterleuten und den Kindern. «Wir begleiten und leiten sie im Prozess hin zu einer Zirkusshow. Die Kinder bestimmen selbst, welches Thema ihnen zusagt und was sie präsentieren wollen. Dabei werden wir immer wieder von tollen Ideen überrascht», erzählt Brantschen.
Ein Regentaxi im Einsatz
Es sei eine gelungene Woche gewesen – Komplikationen während der Zirkuswoche seien keine aufgetaucht, sagt Brantschen. Einzig der staubige Untergrund beim Oeyetli sei etwas herausfordernd gewesen und der Regen während der Abendvorstellung am Freitag. «Wir haben kurzerhand ein Regentaxi aus Blachen gebastelt, damit die Kinder trocken und pünktlich für ihre Vorstellung im Zelt ankommen», erzählt Brantschen.
Neben dem vollgepackten Programm haben die Zirkusleute die Region entdeckt: Einige unternahmen eine Wanderung auf den Cholisgrind und vom Lauenensee Richtung Geltenhütte. «Es ist eine schöne Region. Wir profitierten von den Bergen.»
Weitere Fotos unter: https://tinyurl.com/2fdar8ab
Video: https://tinyurl.com/yc6fzeuj