Das Parkhaus in Saanen muss saniert werden

  13.06.2024 Saanen

Elf Jahre nach der Eröffnung muss das öffentliche Parkhaus in Saanen saniert werden. Für die Sanierungsarbeiten wird die Einstellhalle von Mitte September 2024 bis Mitte Dezember 2024 geschlossen. Die Kosten für die Sanierungsarbeiten sind auf rund 1,2 Millionen Franken veranschlagt.

ANITA MOSER
Und es rinnt doch. Was kritische Stimmen schon kurz nach der Eröffnung des öffentlichen Parkhauses im Oktober 2013 bemängelt haben, hat sich bewahrheitet. Das gewählte Abdichtungssystem hält nicht, was es einst versprach. Es liegt aber nicht nur am System, es kam auch zu unerwarteten Problemen und letztlich wurde es auch zum Gerichtsfall.

«Gerissene Konstruktion»
Die Bauherrschaft – die Gemeinde Saanen – hat sich explizit für das Abdichtungssystem «weisse Wanne» entschieden, bei welchem mit dem Injektionsverfahren nachträglich auftretende Risse ausinjiziert werden können, erklärte der damalige Bauverwalter Adrian Landmesser drei Jahre nach der Eröffnung des Parkhauses im Dezember 2016 gegenüber dieser Zeitung. Das System der gelben Wanne, welche den Bau mit einer aussenliegenden Abdichtung besser und abschliessender abgedichtet hätte, wurde aus Kostengründen nicht realisiert. «Dieses System hätte den Bau nochmals verteuert», begründete Landmesser.

Bei der Wahl des Systems der weissen Wanne hat man sich auf die Erfahrung und das Know-how der Firma Drytech AG mit Sitz in Arisdorf verlassen. Sie war für die Projektierung der Abdichtungsvariante mitverantwortlich. «Unter anderem beinhaltet dies die Bestimmung des Bewehrungsgehaltes (Armierung im Beton) und des richtigen Betons in Verbindung mit seinem Schwindverhalten. Diese Angaben tragen dazu bei, das Rissausmass in unter Terrain liegenden Betonbauten zu minimieren. Sollten sich im Laufe der Zeit dann doch noch Risse bilden, werden diese mittels Injektionen verfüllt und abgedichtet», erklärt Philipp Becker, Leiter Infrastrukturen der Gemeinde Saanen.

«Die zuständige Firma musste sich verpflichten, die Risse, durch die das Wasser infiltriert wird, periodisch zu injizieren», erklärte Adrian Landmesser damals. Mittlerweile musste die Firma jedoch Konkurs anmelden. «Es gibt viele Schadensersatzforderungen, alle mit ähnlichen Mängeln – nicht nur, aber auch aus dem Saanenland», sagt Philipp Becker.

Risse belaufen sich auf über 750 Laufmeter
«Die Risse dürften nicht wasserführend sein und nur ein bestimmtes Ausmass haben», erklärt Philipp Becker. «Wir haben im Parkhaus in Saanen aber überall Risse», so Becker. Noch habe man sie nicht alle im Detail aufgenommen. «Aber zusammengezählt belaufen sich die Risse auf über 750 Laufmeter.» Auch in der Bodenplatte habe es viele wasserführende Risse, ebenso an den Wänden, zum Teil seien sie fast zwei Millimeter breit.

Beim System «weisse Wanne» muss der Beton genau stimmen. «Er muss eine gewisse Flexibilität aufweisen, die Dynamik und den Druck der Risse aufnehmen können», erklärt Becker. Und die Armierung müsse am genau richtigen Ort in den Beton eingelegt werden. «Wir haben nun aber festgestellt, dass der Beton zu hart ist.» Das bedeute, dass bei der Ausführung offenbar ungenügender Beton verwendet wurde. «Darauf weisen Indizien, sprich Laboruntersuchungen, hin», so Becker. Auch seien gewisse Abdichtungen weggelassen worden.

Korrosionsschäden
«Wasser ist einerseits visuell nicht so schön. Zum anderen fördert es den Alterungsprozess und es entstehen Korrosionsschäden», sagt Becker. Die Stützen, die eine statische Funktion haben und eigentlich 40 Jahre halten müssten, seien am Stützenfuss zum Teil schon sehr stark korrodiert. Zudem ist Schimmel ein Problem. Als Sofortmassnahme wurde die WC-Anlage neu gestrichen. «Die ganze technische Anlage – die Brandmeldeanlage bis zur Rauchentlüftung – hat aufgrund der Feuchtigkeit extrem Schaden genommen. Auch die Elektronik leidet unter der dauernden Feuchtigkeit.» Für die parkierten Autos bestehe indes keine Gefahr, so Becker.

Ungenügend dokumentiert
«Wir haben zwei Probleme», betont Becker. «Wir haben ein Bauwerk, das undicht und nicht in allen Belangen nachvollziehbar dokumentiert ist.» Prüfberichte und Protokolle, aufgrund derer man die Expertise hätte machen können respektive hätte nachvollziehen können, was verbaut worden war, fehlten. «Aufgrund der nachgereichten Pläne haben wir aber feststellen können, dass der Ingenieur – er war auch Gesamtbauleiter des Grossprojektes – keine Fehler gemacht hat in Bezug auf die Tragwerksberechnung der Decke der Tiefgarage.» Von daher gebe es keine Probleme.

Einvernehmliche Lösung mit den Unternehmungen
Aufgrund der komplexen Situation hat die Gemeinde Saanen einen Rechtsbeistand beigezogen, der sie berät und begleitet. Und sie hat durch ein auf solche Einstellhallen spezialisiertes Büro eine Überprüfung machen lassen, inklusive Kostenvoranschlag für die Sanierung. «Zum einen haben uns die Unternehmungen eine zehnjährige Dichtheitsgarantie gegeben, was aber nicht gegeben ist. Zum anderen haben wir unvollständige Unterlagen, um das Ganze aufzuarbeiten», erklärt Becker die Ausgangslage. Man habe die betroffenen Unternehmungen mit den Untersuchungsergebnissen konfrontiert. Diese hätten ihrerseits Schadensexperten beigezogen. «Es geht nicht darum, Schuldige zu suchen oder jemanden anzuklagen», hält Becker fest. «Es gibt Gegenargumente und es wurden Gegenexpertisen gemacht. Eigentlich alles mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung.» Mit den einheimischen Bauunternehmungen hat man sich denn auch aussergerichtlich einigen können.

Mit dem Ingenieur vor Gericht
Keine einvernehmliche Lösung kam hingegen mit dem Ingenieur zustande. «Wir haben ein Schlichtungsverfahren mit der zuständigen Ingenieurfirma eingeleitet, um an die vollständigen Unterlagen zu gelangen», erklärt Philipp Becker. Im vergangenen November fand die Gerichtsverhandlung statt. An dieser fehlte der Ingenieur. «Der Richter hat uns in Abwesenheit der Gegenpartei angehört und uns in sämtlichen Punkten Recht gegeben», so Becker. Der Ingenieur wurde zu einer Schadensersatzsumme verurteilt und muss die Gerichtskosten übernehmen. «Wir sind vor Gericht gezogen mit der Motivation, eine einvernehmliche Lösung zu finden, was leider nicht geklappt hat», betont Becker.

Sanierungsplan steht
Das Parkhaus Zentrum in Saanen soll im Herbst 2024 saniert werden. Es bleibt voraussichtlich von Mitte September 2024 bis Mitte Dezember 2024 geschlossen.

Sanierungskosten von 1,2 Millionen Franken
Die Sanierungskosten sind auf rund 1,2 Millionen Franken veranschlagt. Abgerechnet wird über die aktuelle Investitionsrechnung. «Die Gemeindeversammlung hat rund 14 Millionen Franken für den Bau des öffentlichen Parkhauses gesprochen. Mit 10,5 Millionen Franken sind wir unter diesem Kredit geblieben. Deshalb müssen wir für die Sanierungskosten nicht erneut vor die Grosse Gemeinde», erläutert Philipp Becker.

Möglicherweise bekommt die Gemeinde Saanen als Gläubiger auch noch eine kleine Summe aus der Konkursmasse der Firma Drytech.


SANIERUNG PARKHAUS ZENTRUM SAANEN

Wie die Gemeinde informiert, wurde die Firma Dr. Deuring & Oehninger AG, Winterthur, als Fachfirma für die Sanierung von Parkhäusern engagiert. Die örtliche Bauleitung übernimmt die Theiler Ingenieure AG, Saanen, und die Planerarbeiten im Bereich Architektur die Tschanz Architektur AG, Schönried (siehe «Aus dem Gemeinderat» im AvS vom 28. März 2024).

Vorgesehen ist, dass man den gesamten Hartbeton bis auf die Bodenplatten abbricht. Die WC-Anlage und das Foyer werden in den Rohbau zurückversetzt. Sämtliche Risse, die in den Bodenplatten sichtbar werden, werden injiziert, sprich abgedichtet, damit keine Feuchtigkeit mehr durchdringt. Danach wird eine hochreaktive, schnellhärtende und rissüberbrückende Abdichtungsmembrane im Spritzverfahren appliziert. Dieses System hätte man als Alternative zur gelben Wanne von Anfang an ausführen können, wie Becker betont. Danach wird der Hartbeton wieder eingebracht und die WC-Anlagen werden wieder instand gestellt. Im Rahmen der Sanierung wird auch die Technik auf den neusten Stand gebracht. «Dann haben wir hoffentlich für die nächsten 40 Jahre Ruhe», so Becker.

MOA


«Die Firma Drytech hatte schon heikle Referenzobjekte erfolgreich gebaut»

Clewi Haldi war Gesamtbauleiter für den Rohbau des öffentlichen Parkhauses in Saanen. Er war bereit, dieser Zeitung ein paar Fragen zu beantworten.

ANITA MOSER

Schon kurz nach der Eröffnung des Parkhauses gab es kritische Stimmen bezüglich der Dichtheit. Von den Verantwortlichen wurde das stets abgewiesen mit dem Hinweis, dass das so gewollt sei. Wann ist Ihnen aufgefallen, dass es zu viele Risse sind, dass es grössere Probleme gibt?

In der ersten Zeit nach der Inbetriebnahme des Parkhauses hat es mich noch nicht so «gruset». Es ist ein sehr grosser Baukörper und ringsum hatte es damals immer noch für längere Zeit Baustellen. Es gab daher immer wieder Vibrationen usw. Deshalb machte ich mir dannzumal noch nicht sehr viele Sorgen. Und es wurde ja vorausgesagt, dass man ab und zu nachinjizieren müsse, bis sich das Gleichgewicht irgendwann einstellt. Die Sollrisse waren gewollt. Aber als es zwischen den Sollrissstellen auch immer wieder Schwindrisse gab, welche schlussendlich auch teilweise Wasser geführt haben, hatte ich irgendwann kein so gutes Gefühl mehr.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit den involvierten Unternehmungen?

Die involvierten Baumeister waren an den privaten Einstellhallen (Ost und West) durch die privaten Baugesellschaften beteiligt. Sinnvollerweise wollte man die öffentliche Einstellhalle mit den gleichen Leuten bauen, um heikle Schnittstellen gut organisieren zu können. Die Wahl des Abdichtungsspezialisten wurde im Zusammenhang mit der Vergabe der Baumeisterarbeiten vorgängig mit den Baumeistern besprochen. Bei der öffentlichen Einstellhalle war der Abdichtungsspezialist auch dabei, als man die Werkverträge, die Offerte bereinigt und den Vertrag vorbereitet hatte.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Probleme für die schlechte Qualität des Parkhauses?

Wichtig ist das Zusammenspiel zwischen Beton, Armierung und Fugen. Es gibt eine gewisse Fugeneinteilung, wo der Beton reissen soll. Erstens in den Arbeitsfugen, dort ist immer eine Schwachstelle. Und es gibt zusätzlich die Sollrissfugen. Wichtig ist auch, dass es nicht zu lange Betonieretappen gibt. Das Problem sind die Schwindrisse. Die Breite der Schwindrisse limitiert man im Zusammenspiel von der Qualität und Dicke des Betons, dem Fugenabstand und der Menge der Armierung. So sollte man es in den Griff bekommen, dass die Schwindrisse nicht wasserführend werden. Im vorliegenden Fall ist es etwas speziell, da es nicht nur etwas feucht ist, sondern dass der Wasserdruck wirklich hoch ist. Man sagt, dass Schwindrisse ab ca. 0,2mm Breite wasserführend werden.Aber je nach Druck können auch dünnere Risse wasserführend werden. Es ist mitentscheidend, bei welcher Temperatur man betoniert. Wird beispielsweise bei warmen Temperaturen betoniert, so zieht sich der Beton, wenn es dann kalt ist, noch mehr zusammen.

Und wer entscheidet das?

Es gibt verschiedene Tabellen zum Zusammenspiel von Beton, Armierung und Fugen, unter anderem eine von der Firma Drytech, die in diesem Fall beigezogen wurde. Die eigentliche Idee des Abdichters ist es, dass man ein System wählt, das unter dem Strich das Beste ist und dabei spielt auch der Preis eine Rolle. Ein anderer Abdichter hätte sich vielleicht für weniger Fugen und dafür für mehr Armierung entschieden.

Sie haben sich auf das Know-how und die Erfahrung der Firma Drytech verlassen?

Drytech war damals der Spezialist. Man wusste um die heikle Situation mit mehr als nur Feuchtigkeit, nämlich mit Grundwasser. Deshalb zog man einen Spezialisten bei. Wir hatten auch schon gute Erfahrungen gemacht mit der Firma. Weder ich noch die Bauherrschaft hatte sich gegen die Firma ausgesprochen. Sie verfügte über das notwendige Know-how. Und sie hatte auch schon heikle Referenzobjekte erfolgreich gebaut. Schon in den ersten Jahren, als ich hier gearbeitet habe, wurde sie von verschiedenen Unternehmern für Projekte im ganzen Saanenland beigezogen

Wer hat über Fugenlänge und Armierung entschieden?

Die Arbeits- und Sollrissfugen, die Betonqualität und -dicke sowie die Armierung wurde zusammen mit der Firma Drytech bestimmt. Auch die Betoneigenschaften legten sie mit dem Betonwerk fest und prüften sie immer. Sonst wäre es nicht aufgegangen mit der gewählten Armierung nach dem System Drytech.

Was hätte man aus Ihrer Sicht – rückblickend – anders machen können?

Man hätte in das Spiel mit den drei Punkten eingreifen können. Weiter hätte man die Fugeneinteilung, die Sollrissfugenabstände enger wählen können und eine weitere Massnahme wäre gewesen, anhand von mehr Armierungsgehalt im Beton die Rissbreiten kleiner zu halten.

Dann gäbe es natürlich noch die Variante, flächenmässig nochmals eine Abdichtung darunter oder obendrauf zu applizieren.

Also eine gelbe statt eine weisse Wanne.

Genau. Risse kann es immer geben, deshalb macht man die Zusatzmassnahme mit der Applikation einer dichten Folie. Diese kann aussenliegend oder innenliegend sein.

Und wurde diese Zusatzmassnahme im Fall der Einstellhalle Saanen verlangt?

Nein. Der Zugang für Nachbesserung und Nachinjektionen war ja gegeben.


«Dannzumal war es das beste System im Kosten-Nutzen-Bereich»

Die Firma Thoenen Baut ist eine der beiden involvierten einheimischen Baufirmen. Co-Geschäftsführer Claudio Thoenen hat sich bereit erklärt, ein paar Fragen zu beantworten.

ANITA MOSER

Claudio Thoenen, wer hat sich für das gewählte System entschieden?

Das System, das man für die Einstellhalle Saanen gewählt hat, war damals ein eher noch junges Verfahren. Die Firma Drytech war eine jener Firmen, die damals diesbezüglich recht professionell war. Man hat das System, die weisse Wanne, zusammen mit der Bauherrschaft und mit den Beratern der Bauherrschaft bestimmt. Und – das ist ja auch nicht unerheblich – man hat die Baustelle unter dem Kostenvoranschlag abgeschlossen. Das darf man nicht vergessen. Man hat gemeinsam ein optimiertes Abdichtungssystem gewählt, mit dem man schon Erfahrungen hatte und hat dadurch auch Kosten sparen können.

Mit der Sanierung wird es nun aber teurer.

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber dannzumal war es das beste System im Kosten-Nutzen-Bereich. Zudem ist die Aussage, dass es nun teurer wird, vermutlich nicht ganz zutreffend, da man jetzt teilweise eine gewisse Sanierung vornimmt, die einem Unterhalt gleichkommt, der so oder so notwendig ist. Die Einstellhalle wurde ja bereits über zehn Jahre ohne Einschränkungen genutzt und ist entsprechend abgenutzt.

Hat Ihre Firma Erfahrung mit Objekten, die im Grundwasser stehen?

Ja, natürlich, sogar viel. Und es kann vorkommen, dass man Ärger mit Wasser hat. Das kann leider einfach passieren. Wasser ist eine Naturgewalt und lässt sich durch die Menschheit nicht nach Belieben kontrollieren. Wir – die Menschheit – bauen teilweise riesige und sehr komplexe «Boote» (Anm.: das Gebäude schwimmt im Wasser) als Gebäude in den Untergrund. Für uns ist das auch ein leidiges Thema, aber ein kleines Risiko ist immer dabei. Darum zog man auch einen Subunternehmer bei, der absolut spezialisiert war. Mittlerweile ist diese Firma aber Konkurs.

Aber es gibt eine Nachfolgefirma?

Ja, die Firma Anliker ist eine grosse Baufirma. Sie hat zwar einige Drytech-Mitarbeitende übernommen, ist aber nicht der direkte Nachfolger von Drytech selbst und ist deshalb auch nicht haftbar für den Schaden.

Deshalb haben Sie sich mit der Gemeinde aussergerichtlich geeinigt?

Genau. Ich bin der Meinung, dass auf verschiedenen Ebenen Probleme aufgetaucht sind. Aber wir haben immerhin Verantwortung übernommen und nach einer Lösung gesucht. Am Ende einigten wir uns mit der Gemeinde auf eine Schadensersatzsumme von 100’000 Franken, um den Fall abzuschliessen. Dies per Saldo aller Ansprüche und ohne Schuldeingeständnis. Ich finde in diesem vorliegenden Fall ist es wichtig zu betonen, dass es zwei verschiedene Baumeister und zwei verschiedene Betonwerke gab, die Beton anlieferten. Ich bin der Meinung, dass wir – wenn überhaupt – nur kausalhaftend sind für die Firma Drytech. Aber auch diesem Unternehmen hat man nie beweisen können, dass es schuld ist. Am Bau ist ja nicht nur der Baumeister mit der Abdichtungsfirma beteiligt, sondern eine Vielzahl von Gewerken und Planern. Deshalb ist die Sache auch so kompliziert. Und es wäre noch lange so weitergegangen, hätten wir nicht eingelenkt.

Hat man sich für das falsche System entschieden?

Heute würde man sicher anders entscheiden. Sehen Sie, das ganze Projekt ist ein Riesending. Und der Grundwasserspiegel ist nicht etwa konstant, sondern manchmal sehr tief und manchmal mehrere Meter hoch. Es wirken unglaubliche Kräfte auf das Gebäude. Ich sage nicht, dass das nicht einberechnet wurde. Aber das Gebäude ist lang, der Wind bläst durch. Der Beton dehnt sich je nach Temperatur aus oder zieht sich zusammen. Es ist sehr komplex. In meinen Augen lässt sich die Natur nicht immer bändigen. Eine eigentliche Schuld kann man niemandem geben. Auch Drytech nicht. Aber die Firma gab eine zehnjährige Garantie und da es sie nicht mehr gibt, sind folglich wir sowie die zweite involvierte Baufirma kausal haftbar für den potenziellen Mangel, den die Firma Drytech möglicherweise verursacht hat.

Sie haben selber auch Schadensexperten und einen Anwalt eingeschaltet. Mit welchem Ergebnis?

Wir hatten auch gute Argumente, sodass wir vielleicht ohne Schadensersatzzahlung herausgekommen wären. Es gab einen gemeinsamen Bericht von beiden Seiten, aufgrund dessen war aber die Rechtslage immer noch nicht klar. Alle hatten ihre Argumente. Nur der Richter hätte entscheiden können. Deshalb der Vergleich. Es hat auf beiden Seiten Anwaltskosten verursacht, aber anstatt dass wir weiterstreiten und Geld für Anwalts-, Experten- und Gerichtskosten aufwenden, stecken wir es nun in die Sanierung.

Den Bauunternehmungen wird vorgeworfen, falschen Beton geliefert zu haben. Was sagen Sie dazu?

Das haben wir nicht. Die Qualität des Betons war eine Absprache untereinander. Die Firma Drytech wollte für den Bau der Einstellhalle einen möglichst weichen Beton. Ein weicher Beton mit einer schlaffen Bewehrung ergibt viele kleinste, nicht wasserführende Risse. Das wollte man so erzielen. Der Beton reisst so oder so. Man muss ihm nur zeigen, wo und wie. Dies wurde mit der Bauherrschaft so abgemacht und ist ein Teil des Systems «Weisse Wanne». Wir sprechen übrigens nur von Schwindrissen. Es gibt noch andere, die nichts mit uns Bauunternehmern oder der Abdichtungsfirma zu tun haben und nicht in deren Einflussbereich liegen. Das zu erklären, würde den Rahmen aber sprengen.

Unsere Firma bezieht den Beton bei Frischbeton, der Beton ist zertifiziert, das heisst, jeder Beton hat eine festgeschriebene Norm. Und anhand dieser Normen werden die Betons geprüft.

Wer kontrolliert den Beton?

Die Kontrollen werden durch ein externes Baustofflabor durchgeführt. Und anhand dieser Kontrollen bekommen wir die Zertifizierung für den Beton. Stichproben werden das ganze Jahr über gemacht. In der Norm steht, wie hart der Beton im Minimum sein muss, aber das Maximum ist nicht festgelegt. Beton ist ein Naturprodukt. Je nach Kiestemperatur, Zementtemperatur, Wassertemperatur, Transportdistanz, äusseren Einflüssen und so weiter hat der Beton Schwankungen. Am Ende muss alles zusammenspielen. Daher hat man immer eine eher zu hohe Druckfestigkeit, da eben nur das Minimum in der Norm festgeschrieben ist. Die normativen Anforderungen werden und wurden bei der Frischbeton Oey AG aber immer eingehalten. Sonst hätten wir eben keinen zertifizierten Beton.

Die zweite involvierte einheimische Baufirma wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

 


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