Ein Tag in Gstaad mit Zoé Vergé-Dépré und Esmée Böbner

  05.07.2024 Sport

Zoé Vergé-Dépré und Esmée Böbner sind nach der Absage von Brunner/Hüberli das einzige Schweizer Damenteam, das für das Hauptfeld am Swatch Beach Pro Gstaad gesetzt ist. Das stellt sicher, dass sie drei Matches in Gstaad bestreiten dürfen. Wie ein Wettkampftag in Gstaad bei den beiden aussieht, führten sie im Gespräch mit dem «Anzeiger von Saanen» sehr detailliert aus. Gestern hatten sie am Mittag ihren ersten Einsatz im Gstaader Sand. Das Heimturnier hält ein paar Besonderheiten für die beiden bereit.

JENNY STERCHI

Der Wecker klingelt nicht jeden Tag zur gleichen Zeit. Zoé und Esmée stehen aber beide ähnlich früh auf. «Hier in Gstaad ist es sehr angenehm, weil die Matches nicht so früh starten.» Sie seien zwar keine ausgemachten Morgenmuffel, aber sie wüssten, dass sie einander zunächst in Ruhe lassen müssen, um erfolgreich in den Tag zu starten. «Wenn wir aufstehen, reden wir nicht viel miteinander.» Anders als an Trainingstagen starte an den Wettkampftagen die Interaktion zwischen den beiden schon früher. «Weil wir wissen, dass Wettkampftag ist, starten wir mit dem Austausch schon etwas früher, um die Stimmung der anderen aufnehmen zu können und effizient ins Warm-up zu gehen.»

«Wenn wir irgendwo auf der Tour sind, zum Beispiel in Asien, weichen die Gepflogenheiten beim Morgenessen deutlich ab von denen, die wir gewohnt sind und es gibt Fischsuppe oder ähnlich Exotisches.» Damit können die beiden nicht optimal in den Tag starten. Und so gehört zu ihrem Reisegepäck ein Smoothiemixer, mit dem sich die beiden im Hotelzimmer aus selbst eingekauften Zutaten ihr Frühstück zubereiten. «In Gstaad brauchen wir das nicht, denn hier geniessen wir das Frühstücksbuffet im Hotel.»

Noch im Hotel machen sie sich bereit für den Tag. Musik läuft, alle Dinge, die sie am Match brauchen, werden eingepackt, Haare frisiert. Dann folgt die taktische Besprechung mit den Trainern, die rund 20 Minuten dauert. Darin werden kurz das gegnerische Team analysiert und wichtige Punkte für einen Erfolg definiert.
«Und dann machen wir uns auf den Weg ins Warm-up.» Auch hier sei Gstaad etwas besonderes, denn die Trainings- und Wettkampforte liegen so nah beieinander, dass es keine langen Shuttlefahrten brauche. «Mindestens eine Stunde vor Matchbeginn starten wir mit dem Warm-up auf den Sidecourts beim Sportzentrum und das ist gut zu Fuss erreichbar.» Unterstützt werden sie dabei von ihrem Coach. An einem Wettkampftag sei das Aufwärmen etwas kreativer, sie probieren mehr aus, sorgen für mehr Funeffekt.

Und dann geht es mit dem Shuttle zum «Gstaadion». Kurzes Einspielen auf dem Wettkampfcourt. «Unser Coach, der nicht mit aufs Feld darf, verabschiedet sich hier mit motivierenden Worten von uns.» Ein Koffeinshot für Zoé. Und dann sind beide so richtig «da», spielbereit. Während des Matches sind wir beide auf uns gestellt, müssen miteinander auf das reagieren, was uns das gegnerische Team gibt. Wenn die Ziele aus der taktischen Besprechung auf dem eingeschlagenen Weg nicht zu erreichen sind, dann müssen die Spielerinnen ihr Spiel umstellen. Mit einem Sieg ist es natürlich leichter, sich auf das nächste Spiel vorzubereiten. Nach einer Niederlage sei Zoé länger mit der Verarbeitung beschäftigt als Esmée. «Manchmal bin ich fast erschrocken, wie schnell Esmée das auf die Seite schieben kann.» Sie ergänzten sich aber demnach sehr gut. «Die Freude nach einem Sieg ist bei uns beiden wohl gleich gross.»

In der Mixed Zone nach dem Match: Fotos und Autogramme für kleine und grosse Fans, Sponsoren treffen, Pressekontakt. «Das nimmt am Heimturnier in Gstaad etwas mehr Zeit in Anspruch, da viele extra wegen uns angereist sind.» Das sei bei anderen Turnieren auf der Tour wesentlich anders. «An den Turnieren im Ausland nehmen wir einfach teil, sind zwei von vielen anderen.» Sofern ein zweiter Match auf dem Programm steht, wird die Zeit in der Mixed Zone etwas reduziert, um möglichst schnell ins Hotel zu kommen.

 

Dann gehts zurück ins Hotel. Es folgt eine Nachbesprechung und Matchauswertung mit den Coaches. «Esmée und ich tauschen uns aus über die Dinge, die gut funktioniert haben im Match und natürlich auch über das, was nicht geklappt hat.» Sie ziehen sich dann ins Hotelzimmer zurück, duschen und nehmen ein verspätetes Mittagessen zu sich. Sie nutzen die Zeit, um sich auszuruhen. Sogenannte Recovery Boots (Massagestiefel) sorgen für das Lockern der Beinmuskulatur. Videoanalysen, die jede für sich macht, helfen dabei, sich auf das nächste Spiel vorzubereiten.

Um 18 Uhr startet das zweite Spiel des Tages. Eine Stunde davor beginnt das gleiche Warm-up-Prozedere mit Musik, Vorbesprechung mit den Coaches und Spielstart auf dem Centre-Court. Nach dem letzten Match des Tages ist dann der Aufenthalt in der Mixed Zone eventuell etwas länger. «Das ist dann wieder dem Heimturnier geschuldet, wo Sponsoren und Fans die Möglichkeit haben, uns zu treffen.»

  

Anschliessend geht es zurück ins Hotel zum Duschen und Abendessen. Der Austausch nach den Matches zwischen den Spielerinnen sei enorm wichtig, dass nichts zwischen ihnen stehen bleibt oder sich Dinge aufstauen.

Manchmal gibt es dann am Abend noch ein Meeting mit den Coaches und der Mentaltrainerin, die mit angereist ist. Dort können wir mentale Zustände, die wir auf dem Feld erreicht haben, thematisieren. «Der Coach ist nicht auf dem Feld, das heisst, wir können uns nicht direkt austauschen über die Spielzüge, die eventuell nicht gepasst haben. Die Wahrnehmung auf dem Feld ist manchmal anders als vom Rand aus. Und dann ist der Austausch zwischen Coach und uns umso spannender.» Und auch wenn hoffentlich alle Matches des Tages gewonnen wurden, gibt es keine Party am Abend. Ab ins Bett, denn nach dem Match ist vor dem Match.


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