Papierschnitt-Kunstwerke vom Feinsten
15.09.2017 Ausstellung, Kultur, Natur, KunstAm vergangenen Sonntag wurde die neuste Ausstellung im GalerieRestaurant Hüsy in Blankenburg mit Papierschnittkunstwerken von Renate Weber und Ernst Oppliger eröffnet. Es sind zwei Künstler, die mit ihrer Bildsprache, Kreativität und Schnitttechnik weit über die Grenzen einen grossen Namen tragen.
Eine grosse Schar Scherenschnittfreunde besuchte die Vernissage und war von der Einzigartigkeit der Kunstwerke von Renate Weber und Ernst Oppliger total begeistert. Bruno Weber, selber bekannter Scherenschnittkünstler, unterstrich mit seiner Laudatio die einmalige Bedeutung der Werke.
«Heute vor genau 20 Jahren haben wir die erste Ausstellung in diesen Räumen eröffnet, und heute darf ich die Werke von zwei Papierkunstschaffenden mit internationaler Bekanntheit präsentieren.» Mit diesen Worten eröffnete HüsyWirt HansJürgen Glatz seine neuste Ausstellung.
Renate Weber ist ein Naturmensch. Sie sagt es so: «Am liebsten bin ich in der Natur und lasse die unermessliche Vielfalt von Formen und Farben der Natur auf mich einwirken, benütze sie dann für meine Werke. Ich beginne aus meinem Inneren heraus zu schneiden. Ich brauche keine Vorlagen. Oft entwickelt sich das Motiv beim Schneiden oder durch Zufälle und mit innerer unbedingter Bereitschaft, die ‹Dinge› mit einer gewissen Lockerheit fliessen zu lassen. Während der Zeit vom ersten Schnitt bis zum fertigen Werk ist eine lange Spannung da und es ist für mich manchmal nicht einfach, diese auszuhalten, bis sich dann das fertige Werk vor meinen Augen präsentiert.»
Ernst Oppliger sucht heute neue Wege, die nur mit Schnitttechnik begehbar sind. Es gibt Werke mit Arbeiten, die zwischen zwei Glasscheiben schweben. Damit erzielt er je nach Beleuchtung ganz verschiedene Effekte. Etwas bewusst und doch unerwartet Neues entsteht durch das Falten von Papier auf verschiedene Weise, oft briefumschlagartig und durch das anschliessende Ausschneiden von Motiven mit dem Cutter durch acht bis zehn Seidenpapierlagen, die von Ernst Oppliger entsprechend eingefärbt wurden, wie z.B. «Bergwald» oder «Kirschbaum».
Für beide Künstler steht nicht die Technik im Vordergrund, sondern die Aussagen, die Bildsprache, der Symbolgehalt und die Wirkung der Werke sind ihnen wichtig. Dazu gehören auch gesellschaftskritische Aussagen sowie Umweltthemen.
«In diesem einzigartigen GalerieRestaurant mit bestem Ruf stellen nur die Besten aus. Das Vorurteil vom Schweizer Scherenschnitt, der lange zu wenig beachtet wurde und für viele immer noch als naive Volkskunst betrachtet wird, wird von den beiden Künstlern klar widerlegt», erklärte Bruno Weber, und bedankte sich bei den Beteiligten.
Zu den Künstlern
Renate Weber ist in einer kreativen Familie in Schaffhausen aufgewachsen, wo das Malen und Gestalten zum Alltag gehörte. 1980 heiratete sie und zog ins Bündnerland. Ein Scherenschnittkurs eröffnete ihr 1991 den direkten Weg zum Papierschnitt. Mit ihrem individuellen Stil gestaltet sie mit dem Messer perfekt geschnittene, tiefgründige und auch mystische und filigrane Motive. Ihre Werke wirken ruhig und sind oft aus weissem Papier geschnitten, kombiniert mit farbig bemalten Hintergrund – wie z.B. «Erster Schnee» oder «Traumflug». Ihre Vorbilder sind der Jugendstil, Gustav Klimt und Frida Kahlo. Renate Weber ist vielseitig begabt. Sie hat das Buch «Hinter der Welt, Gespräche mit dem Sohn» geschrieben und illustriert. Bruno Weber stellt das absolut eindrücklichste Kunstwerk von Renate Weber in der Ausstellung vor: Es ist die «Bergnacht» mit der besonderen Gestaltungsart der Flächenstrukturen, zusammengesetzt aus 30 verschiedenen Quadraten.
«Für mich ist Ernst Oppliger ein einmalig genialer Künstler mit seinen zeichnerischen Fähigkeiten, der Umsetzung seiner Gedanken und seinem handwerklichen Geschick», erklärte Bruno Weber. «Und er reizt alle Möglichkeiten aus.» Ernst Oppliger hat im Laufe der Jahre eine unglaubliche Entwicklung durchlebt. Dazu gibt es folgendes Zitat von ihm: «Seit 2009 bin ich nach fast lebenslanger Verweigerung doch noch zum Cutter gekommen.» Mehrschichtigkeit, Tiefe, Hinterfragung, diese Begriffe passen zum Werk «Ammonshorn». Dieses Kunstwerk fasziniert mit seinem mehrschichtig kaum fassbaren, feingeschnittenen Papiernetz. «Ich habe mir sagen lassen müssen, was hier alles eingebaut ist», berichtete Bruno Weber. Ja, da ist vieles eingewoben und das gilt es zu entdecken, ein paar Beispiele: ornamentale Fossilien wie Asseln, Schnecken und Krebse oder ein Widderhorn, ein Streichinstrument, ein Totenkopf und die Haarschnecke von Julia Timoschenko oder Dinge, die der Künstler gerne als vergangen und fossil sähe wie Waffen, Finanzmarktkurven, Flüchtlingsschiffe. Durch das ganze Bild geht – wie auch in fossilen Schichten und eben auch in jedem Leben – ein Bruch. Er wird verdeutlicht mit der Faltung und Einfärbung des Seidenpapiers.
HÜSY BLANKENBURG, SOPHIE JAGGI
Im Hüsy liegen DokumentationsMappen auf mit weiteren interessanten Angaben über die zwei Papierschnittkünstler. Die Ausstellung ist jeweils von Mittwoch bis Sonntag geöffnet und dauert noch bis zum 19. November.