Nachruf: Im Gedenken an Heinz Annen aus Lauenen

  11.06.2009 Hotellerie / Gastronomie, Lauenen

Von Marlise Annen:

Lieber Götti Heinz, der Abschied von dir erfüllt uns mit Schmerz, aber auch mit Freude. Schmerzen tut uns das Wissen, mit dir einen Menschen verloren zu haben, der mit Lebenswillen, mit Leidenschaft und Freude durch Leben gegangen ist. Wir werden deine witzigen Kommentare vermissen, ebenso deine mit Leidenschaft gespielte Musik. Freude empfinden wir, weil wir überzeugt sind, dass du jetzt von Leiden, Schmerz und Unerwünschtem erlöst bist. Was du gemacht hast, hast du mit ganzem Herzen und grossem Engagement getan.

 

 

Das haben uns die letzten Wochen und Tage gezeigt: Wann immer es dir deine Schmerzen und Kräfte zuliessen, hast du einen Ausflug unternommen, bist zu einem feinen Essen oder zu einem gemütlichen Jass ins Restaurant gegangen und hast gerne einen Jutz oder ein Lied mit angestimmt, wenn dich deine Brüder oder Freunde besuchten. Der Gesang und die Musik wurden dir wohl in die Wiege gelegt, als du am 1. November 1937, als viertes von fünf Kindern von Rosa und Manfred Annen- Aellen, auf die Welt gekommen bist. Mit deiner Mutter und den vier Geschwistern Kurt, Sepp, Rosmarie und Fred hast du viel gesungen. Nach Schilderungen deiner Geschwister warst du ein fröhliches Kind, das zahlreiche Streiche gespielt hat – vorzugsweise mit deinem Schulfreund und Nachbar Christian Perreten. Deine frühe Kindheit war von Rachitis geprägt und du musstest deshalb einen längeren Aufenthalt im Kinderspital Bern in Kauf nehmen. Von dieser Krankheit konntest du dich jedoch sehr gut erholen und erfreutest dich fortan einer guten Gesundheit. Wie sonst hättest du die riesigen Strapazen, die dein späterer Beruf als Koch und Wirt mit sich brachten, überwinden können? Deine Tage hatten, so schien es mir einstweilen, ab und zu mehr als nur 24 Stunden. Du warst immer als einer der Ersten da und für dich war es selbstverständlich, den Feierabend selber zu bieten. Oft, sehr oft, brach bereits der neue Tag an, wenn du die letzten Gäste zur Ausgangstüre begleitetest. Thomas gegenüber erwähntest du, dass es immer dein Traum war, Berufs-Musiker zu werden und zu sein. Trotz dieses Traums hast du dich nach der Schule entschieden, in Basel beim weit bekannten «Berner-Gusti» (ein Basler Original) die Kochlehre zu absolvieren. Vielleicht war dieser Entscheid auch dadurch beeinflusst, dass dein Vater allzu früh im Jahre 1953 gestorben ist. Es war dasselbe Jahr, in dem du aus der Schule kamst. Als Koch arbeitetest du an mehreren Orten, so zum Beispiel in Adelboden, Crans-Montana, Couvet (NE) und in Holland im «Swiss Chalet». Nach diesen Aufenthalten in der Fremde kehrtest du nach Hause zurück und übernahmst die Führung der Wildhorn-Küche. Bis dahin führte Rosa das Wildhorn alleine und künftig ward ihr beiden die Seele und das Herz des Hauses. Du sorgtest für die gute Küche und den guten Wein, deine Mutter betreute die Gäste und erledigte sämtliche Büroarbeiten. Nach Fredys Amerika-Aufenthalt in den frühen Siebziger-Jahren gesellte er sich zu euch und übernahm Arbeiten im Service. Durch seine Tätigkeit als Skilehrer pflegte er gute Kontakte zu prominenten Gästen, die gerne im Wildhorn ein- und ausgingen. Du warst einer der Pioniere im Gestalten von Folkloreabenden. Und hier konntest du schliesslich auch deinen Traum des Musikers verwirklichen. Zahlreiche Spitzenmusiker wie Hans Aregger, Hans Muff, Willy Valotti, Carlo Brunner und Philippe Mettler – alles namhafte Künstler aus der Innerschweizer Volksmusikszene – spielten im Wildhorn-Saal zum Tanz auf. Aber du spieltest selber leidenschaftlich gerne mit. Autodidaktisch erlerntest du das Spielen auf der singenden Säge und am Kontrabass, später dann noch auf dem Alphorn. Zusammen mit deinen Brüdern Kurt, Sepp und Fredy sowie mit deinen Musikerfreunden Kurt Brand, Ueli Perreten und Kari Arnold beschertest du zahlreichen Gästen aus nah und fern unvergessliche Stunden. In meinen Augen warst du ein Künstler mit Bodenständigkeit. Denn ich meine, es ist eine grosse Kunst, vielleicht sogar ein göttliches Geschenk, wenn jemand mit so viel Hingabe köstliches Essen auf den Teller zaubert, feinen Wein zur Auswahl bereit hat und anschliessend mit schöner Musik die Seele erfreut. Uns, die bei dir gearbeitet haben, warst du ein sehr guter Chef. Du hast uns dein volles Vertrauen geschenkt, weshalb wir uns mit deiner Geschäftsphilosophie und dem Wildhorn identifizieren konnten. Auch in hektischen Situationen bliebst du ruhig, und was dir anvertraut wurde, hast du nicht weitergeplaudert – zwei Eigenschaften von grosser Qualität. Du bist gerne gereist und hast die weite Welt durch deine bekannte Küche und die spezielle, authentische Atmosphäre ins Wildhorn gebracht. Zahlreiche Menschen aus den verschiedensten Ländern rund um den Erdball werden dich sehr vermissen. Du hattest aber auch einen engen Bezug zur Landwirtschaft. Diese Beziehung gab dir dein Vater mit, der den landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete. Du hast beim Heuen mitgeholfen, beim Holzspalten sowie beim Kühern auf den Alpen Tuffsteini und Matten. Später als Wildhorn-Wirt hast du kaum eine Züglete verpasst, wenn die Kühe von oder zu den Alpen geführt wurden. Ab und an hast du den Züglern beim Vorbeigehen ein Glas Wein offeriert. Ganz wichtig für dich war die Geselligkeit. Das zeigte sich auch im späteren Stadium deiner Krankheit. Du wolltest immer hinaus zu den Leuten gehen und im Spital blühtest du auf, wenn dein Bett umrahmt war von Besuchern. Du warst, wie Elvira immer wieder betonte, ein Stehauf-Männchen. Trübsal blasen, das war nicht dein Ding. Und so blitzte immer und überall dein Sinn für Humor auf. Was haben wir doch mit dir gelacht, auch in den schweren Stunden deiner Krankheit. Zur Geselligkeit gehörte für dich auch das Spielen. Jassen war eine weitere Leidenschaft von dir. So hast du zahlreiche gemütliche Stunden mit deinen Jass- Freunden Kurt Hefti und Marcel Bach verbracht. Du umgabst dich immer gerne mit schönen Frauen. Ich bin mir sicher, dass es nicht wenige sind, die in diesen Tagen eine Träne – oder sogar zwei – um dich weinen. Wenn auch die erste Ehe mit Theres nach kurzer Zeit zerbrach, so hattest du grosses Glück mit deiner jetzigen Frau Licia, die du vor 15 Jahren geheiratet hast. Sie war dir stets eine gute und hilfsbereite Lebenspartnerin. Sie hat dich geliebt mit deiner sonnigen Seite, aber auch akzeptiert mit all deinen Ecken und Kanten. Sie hat dir die karibische Sonne ins Haus gebracht. Dir, der immer ein Flair für das Exotische hatte. Selber Kinder zu haben, war dir nicht vergönnt, dabei hast du Kinder sehr geliebt. Du hast mit grossem Interesse am Leben deiner Nichten und Neffen sowie Patenkinder teilgenommen. So hast du dich über unsere Erfolge gefreut und warst mit uns traurig, wenn uns etwas misslang. Skifahren war eine weitere Freude deines Lebens. Du warst unter anderem der Initiant zum Besuch der diesjährigen Weltcup-Abfahrt in Kitzbühel. Da du vom Krebs bereits sehr gezeichnet warst, glaubten deine Kollegen im Vorfeld kaum, dass du diese Reise überhaupt noch unternehmen könntest. Aber sie haben wohl nicht mit deinem unermüdlichen Willen gerechnet. Starker Lebenswille und Eigensinn, feinfühliger Humor und Herzlichkeit, künstlerisches Geschick und Leidenschaft, diese Eigenschaften kommen mir in den Sinn, wenn ich auf dein Leben zurückblicke. Ein grosser Wunsch konnte dir auf dieser Erde nicht mehr erfüllt werden: die Rheinschifffahrt mit Carlo Brunner. Ich bin aber überzeugt, dass die Reise, die du jetzt angetreten hast von ebenso viel Musik, Freude und Tanz begleitet ist. Das Wildhorn war dein Zuhause, du hast es geführt, wie der Vater sein Kind an der Hand führt. Wir durften zahlreiche schöne und unvergessliche Momente mit dir und bei dir verbringen, darüber sind wir glücklich und dankbar. Lieber Heinz, für all das Schöne und Gute, die gemütlichen Stunden und einmaligen Momente, die wir mit dir erleben durften, danken wir dir von ganzem Herzen! Wir werden diese Schätze gerne als gute Erinnerung an dich in unseren Herzen tragen.


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