«Wir haben angeboten, bei der Lösungsfindung zu helfen»
11.03.2022 GstaadOliver Waser ist sowohl der Präsident von Gstaad Saanenland Tourismus als auch von der Gstaad Marketing GmbH. Der offene Brief der GM-Mitarbeitenden sei ein grosser Fehler, sagt er.
BLANCA BURRI
Oliver Waser, wie ist der Entscheid zustande gekommen, dass Gstaad Marketing aufgelöst wird?
Ich möchte vorausschicken, dass wir seit der Abstimmung intensiv miteinander diskutiert und nach einer Lösung gesucht haben. Die jeweiligen Gesellschafter hatten in den Vorständen verschiedene Varianten bezüglich der Vor- und Nachteile vorbesprochen. Die Gesellschafter haben sich nach mehreren intensiven Arbeitssitzungen schliesslich einstimmig und mit Überzeugung für die Auflösung der Gstaad Marketing GmbH entschieden.
Welche Alternativen zur Auflösung gab es?
Es gab verschiedene Varianten, drei davon wurden vertieft geprüft: 1. Status quo weiter, 2. ein anderes Gefäss für ein gemeinsames Marketing finden, beispielsweise eine Interessensgemeinschaft oder 3. die Überführung des Destinationsmarketings in den GST und das jeweilige Projektmarketing in die einzelnen Gesellschaften.
Welche Eckpunkte waren bei der Beschlussfassung wichtig?
Für die Herleitung der optimalen Lösung wurde der Fokus auf die Eckpunkte operativer Bereich, Grundauftrag und Politik gelegt. Wir überlegten uns, welche Strukturen wir schaffen müssen, um die operativen Arbeiten bestmöglich zu gewährleisten und somit den Grundauftrag des Destinationsmarketings optimal erfüllen zu können. Diese Strukturen sollten im Volk eine grosse Mehrheit finden, damit zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder öffentliche Gelder beantragt werden können.
Wurde die Gstaad Marketing in die Diskussion miteinbezogen?
Die Gstaad Marketing ist eine Dienstleistungsgesellschaft, die für die vier Eigentümer Leistungen erbringt. Die vier Gesellschafter haben gemeinsam in einem konstruktiven Prozess die bestmögliche Lösung gesucht. Die Lösungsfindung wurde bewusst auf der strategischen Ebene geführt Es ging nicht primär um den Marketingoutput im qualitativen Sinn, sondern um die Frage, wie das Destinationsmarketing künftig organisiert wird.
Womit war man nicht zufrieden?
Wir waren mit vielen Leistungen sehr zufrieden. Weil sich Tourismus dauernd verändert, müssen wir jedoch extrem agil und schnell in einfachen Strukturen arbeiten können, was in dieser Organisationsform nicht immer gegeben war. Wir hatten oft mit Doppelspurigkeiten, langen Wegen und viel Koordinationsaufwand zu kämpfen.
Man hat immer wieder von Reibereien zwischen GST und Gstaad Marketing gehört. Wurde das Gespräch gesucht?
Es haben immer wieder Gespräche stattgefunden, auch unter den Gesellschaftern. Ich muss selbstkritisch sagen, dass wir die Gstaad Marketing wohl zu wenig nah geführt haben.
Weshalb muss die Gstaad Marketing aufgelöst werden? Hätten angepasste Strukturen, personelle Veränderungen oder Budgetkürzungen nicht auch gereicht?
Das haben wir uns immer wieder gefragt und uns genau mit diesem Thema auseinandergesetzt. Aus Sicht einer wirkungsvollen und effizienten Destinations-Managementorganisation (DMO) sind die regionale Tourismusentwicklung und das Marketing nicht trennbar. Diese beiden Hauptdisziplinen werden geschärft, wenn sie aus einem Guss stammen, aufeinander abgestimmt sind und von einer starken Organisation geführt werden. In der Vergangenheit wurde zu oft schon mit Anpassungen der Struktur der GmbH eine Optimierung gesucht. Die Einbindung des Destinationsmarketings in den GST wurde auch von breiter Front gefordert und längst nicht nur von einzelnen Exponenten.
Die Gstaad Marketing wurde gegründet, um ein einheitliches Destinationsmarketing betreiben zu können. Ist die Auflösung ein Rückschritt?
Gstaad Saanenland Tourismus vertritt die Interessen aller Leistungsträger sowie auch der einheimischen Bevölkerung der Destination. Deshalb ist es ganz klar kein Rückschritt. Das Destinationsmarketing wird neu bei GST angesiedelt, so wie es bei DMOs aus den vorgenannten Gründen üblich ist. Unsere Partner aus der Landwirtschaft, Hotellerie, dem Gewerbe und den Bergbahnen entscheiden auch künftig mit, wie das Destinationsmarketing ausgerichtet werden soll. Die einzelnen Leistungsträger wie die BDG fokussieren sich vor allem auf ihre Produkte. Wenn das Produkt stimmt, ist dies das beste Marketing, das wir uns wünschen können. Ebenfalls können sie kleine, aber wichtige Marketingmassnahmen wie Inserate, Tafeln etc. selber und agil umsetzen. Die Wege werden dadurch deutlich verkürzt. Bei Gstaad Saanenland Tourismus wird das Marketing künftig als eigene Abteilung geführt, damit eine effiziente und wirkungsvolle Umsetzung gewährleistet sein wird.
Noch vor wenigen Wochen wurde versprochen, dass der Betrieb von Gstaad Marketing sichergestellt sei.
Der Betrieb ist nach wie vor sichergestellt. Andreas Wandfluh, der Geschäftsführer von Gstaad Marketing, hat sich bereit erklärt, das Marketing in den GST zu überführen.
Die Mitarbeitenden von Gstaad Marketing machen im offenen Brief schwere Vorwürfe. Was sagen Sie zu diesem offenen Brief?
Er ist sicher ein grosser Fehler. Wir haben den Mitarbeitenden per 31. Oktober mündlich gekündet und ihnen in Aussicht gestellt, dass sie bei Interesse eine neue Stelle zu den bisherigen Bedingungen bei GST erhalten werden. Wir haben angeboten, bei der Lösungsfindung zu helfen. Aber man hat als Mitarbeiter nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.
Welche Konsequenzen wird der offene Brief haben?
Er wurde im Rausch der Emotionen erstellt, ich finde ihn wirklich unglücklich. Er wird den Mitarbeitenden wohl viele Türchen schliessen, wie ich den Reaktionen in meinem Umfeld entnehme. Er ist ein Affront gegen die Gesellschafter. Das bedaure ich sehr, denn alle Unterzeichnenden sind gute Fachkräfte.
Welche Auswirkungen hat die Überführung des Marketings zu GST?
Das Know-how geht nicht verloren. Im Gegenteil, Kompetenzen sollen übernommen werden können. Gstaad wird deswegen definitiv nicht von der Tourismuslandkarte verschwinden. Viele Kampagnen und Aktivitäten sind bereits finanziert und werden umgesetzt. Gewisse Extras werden nicht umgesetzt. Die nicht genehmigten Mittel führen aber dazu, dass das Budget und der Massnahmenplan angepasst werden müssen.
Im offenen Brief macht man Ihnen den Vorwurf, auf dem Rücken des Volkswillens einen Machtkampf auszutragen.
Die Gstaad Marketing ist eine Dienstleisterin. Ich verstehe ich nicht, welche Macht sie abgibt. GST und BDG haben einen Auftrag, sie wollen den Auftrag möglichst effizient und schlagkräftig erledigen. Macht ist das falsche Wort.
Wie sieht die neue Marketingabteilung von GST aus?
Sie wird am heutigen Standort im Haus des Gastes angesiedelt und von einer Marketingleiterin oder einem Marketingleiter geführt. Weil sie neu von GST administriert, respektive geführt wird, werden wir massiv Kosten sparen können, was auch dem Volkswillen entspricht. Die Organisation als Ganzes wird folglich schlanker aufgestellt. Das ist im Sinne aller. Auch der Zahlenden.
Wie wird die Abteilung finanziert?
Das haben wir andiskutiert, aber noch nicht final beschlossen. Grundsätzlich stehen auch in Zukunft die TFA- und BA-Gelder zur Verfügung. Die Diskussionen hierzu werden in einer zweiten Phase fortgeführt, wobei erste Gespräche auch mit der Gemeinde Saanen und unseren Partnern bereits stattgefunden haben.
Was liegt Ihnen noch auf dem Herzen?
Ich würdige die Arbeit, die von den Mitarbeitenden der Gstaad Marketing geleistet worden ist. Es steckte immer viel Herzblut und Einsatz darin.