Im Gleichgewicht zwischen Stilisierung und Realismus
11.08.2022 Kunst, Internes, MarktplatzNostalgische Tourismusplakate und Postkarten sind schon immer gut angekommen. Trotzdem oder gerade deswegen braucht es eine Neuauflage – und die kann sich sehen lassen.
KEREM S. MAURER
Man kennt sie und man liebt sie: Die illustrierten Tourismusplakate und Postkarten des Saanenlandes, wie sie mit viel Liebe zur Region im 20. Jahrhundert gedruckt wurden. Genau, im 20. Jahrhundert. Eine Neuauflage sei dringend nötig, fand Frank Müller, CEO von Müller Medien AG, in Gstaad. Doch wie sollen die neuen Plakate daher kommen, damit sie den Charme vergangener Zeiten in die Gegenwart transferieren, ohne an Glanz zu verlieren? Und wie kann man «Id Rueh vor Natur» auf einem Plakat ausdrücken, ohne dass es langweilig wirkt? Und wie setzt man Landschaft so in Szene, dass die Betrachtenden berührt werden? Frank Müller machte sich auf die Suche nach Antworten und entdeckte dabei den Lausanner Künstler Pierre Abraham Rochat.
Fenster zu einem Ort oder Moment
Entstanden sind vorerst sechs Sujets aus Schönried, Gsteig, Saanen, vom Lauenensee, Arnensee und von der Gummfluh. Die Plakate bestechen durch ihre Schlichtheit in der Linienführung, in der Stilisierung der Details – und nicht zuletzt durch einen sympathisch gelungenen Retrolook. Der Künstler Pierre Abraham Rochat drückt es auf Anfrage so aus: «Der Retrolook kommt daher, dass der Name des Ortes auf der Landschaftsillustration hinzugefügt ist. Da die Fotografie heute in der touristischen Kommunikation weitgehend Vorrang hat, erinnert die Illustration an die Vergangenheit und an die grosse Mode der illustrierten Tourismusplakate des 20. Jahrhunderts.» Wer sich Zeit nimmt, und die Plakate auf sich einwirken lässt, kann tatsächlich den Hauch vergangener Tage spüren, erkennt aber dank der modernen Machart die Widerspiegelung der Gegenwart. Ein gelungenes Spannungsfeld aus Strichen, Farben und Formen. Auch wenn man die Ruhe, welche die Plakate ausstrahlen, selbst im Saanenland mittlerweile suchen muss – zumindest in der Hochsaison. «Ich zeichne sehr gerne, was ich sehe, und stelle die Landschaft realistisch dar, um ein Fenster zu einem Ort und einem Moment zu schaffen, die mich berührt haben», erklärt der Künstler.
Weder Kühe noch Geissen
Die abgebildeten Landschaften und Dörfer kommen reduziert daher, zurückgeführt auf das Wesentliche. Wasser, Berge, Bäume, dazwischen Häuser, ein Zaun und ein Mensch in einem Boot, eine Kirche. Keine Kühe, keine Geissen. «Da ich in der Kunst mit Strichzeichnungen begonnen habe, suche ich gerne nach der effektivsten Linie oder Kurve, um einen Berg darzustellen, und spiele mit grafischen Formen, damit ein Element sowohl als Thema als auch durch seine Form interessant ist», sagt Rochat. Auch gehe es darum, ein Gleichgewicht zwischen Stilisierung und Realismus zu finden. Und er outet sich als grosser Fan von Plakaten aus der damaligen Zeit und den genialen Illustratoren, die sie entworfen haben.
«Magische Region»
Auf seine Beziehung zum Saanenland angesprochen, gerät Pierre Abraham Rochat, der hierzulande im Sommer gerne wandert, ins Schwärmen: «Das Pays-d’Enhaut und das Saanenland erschienen mir schon immer als magische Regionen. Ich komme mit dem Zug via Montreux, und sobald man den Tunnel unter dem Col de Jaman durchfährt, gelangt man in eine Region, die scheinbar von der Hektik der Ebene verschont geblieben ist.» Dass er für diese Region eine Plakatserie gestalten durfte, stelle für ihn eine grosse Ehre dar. «Die Gestaltung der Plakate war ein Vergnügen, aber auch viel Arbeit», erzählt er. Er habe zahlreiche verschiedene Skizzen von diversen Standorten und Jahreszeiten angefertigt, aus denen sich letztlich jene herauskristallisiert haben, die zu Plakaten wurden. Nun freue er sich darauf, zu sehen, wie seine Bilder wahrgenommen werden und welchen Weg sie gehen.
AB 12. AUGUST IM HANDEL
Die Neuauflage von Tourismusplakaten und Postkarten des Künstlers Pierre Abraham Rochat kommt ab dem 12. August in den Handel.
Angeboten werden sie in Gstaad bei Müller Medien und Cadenau, in Saanen bei Au Foyer und Librairie des Alpes sowie bei Gstaad Saanenland Tourismus.