Bei über 30 Grad die Ski aus dem Keller holen
12.09.2022 Wintersport, Sport, Wintersport, SkiWährend im Saanenland Mitte August die heissen Temperaturen anhielten, packten Janis und Livio Herrmann aus dem Grund ihre Skisachen und reisten nach Chile auf die Skipisten, um zu trainieren. Ein Abenteuer, das in Erinnerung bleibt.
JOCELYNE PAGE
«Als wir in Santiago ankamen, mussten wir zuerst eine Mütze und eine Jacke aus dem Koffer nehmen, denn es herrschten fast Minusgrade», erinnert sich Janis Herrmann an die Ankunft Mitte August in Chile. Mit im Gepäck: die Skiausrüstung. Für ihn und seinen Bruder Livio Herrmann war es ein Temperaturschock, denn rund 24 Stunden vorher checkten sie am Flughafen Zürich bei heissen Sommertemperaturen ein. Die Gebrüder Herrmann aus dem Grund hatten ein Angebot des Schweizerischen Akademischen Skiclubs (SAS, siehe Kasten) wahrgenommen, um an einem rund zehntägigen Skitraining in Chile teilzunehmen. Und sie profitierten: Gerade mal ein Athlet aus Leysin und eine Athletin aus Zürich reisten mit – allesamt wurden sie von einem Trainer begleitet und gecoacht.
Vier bis fünf Meter Schnee
Der Entscheid, in Südamerika so viele Tore wie möglich zu fahren, kam besonders von Livio Herrmann aus. Dieser nutzte die Zeit in Chile, um sich auf die Qualifikation für die Winteruniversiade vorzubereiten. Diese hätte eigentlich 2021 in Luzern stattfinden sollen, wurde jedoch wegen der Pandemie abgesagt. Sie wird nun 2023 in Lake Placid in den Vereinigten Staaten stattfinden. «Da die Verhältnisse auf den Gletschern in diesem Sommer nicht so blendend waren, empfanden wir dies als eine super Chance», erzählt Janis Herrmann.
Angekommen in Santiago, erwartete sie eine Zehn-Stunden-Fahrt: Sie fuhren mit dem Auto in das 700 Kilometer entfernte Skigebiet Corralco, welches unterhalb des 2822 Meter hohen Vulkans Lonquimay liegt. «Es hatte enorm viel Schnee, gut vier bis fünf Meter», erinnert sich Janis Herrmann und x: «Im ganzen Skigebiet gab es keinen Handyempfang. Das war cool.»
Nach fünf Tagen ging es zurück in die Berge von Santiago, in das Skigebiet El Colorado. «In Corralco waren wir fast alleine auf der Piste. In El Colorado hat sich das geändert. Wir haben mehrere Weltcupmannschaften angetroffen», erzählt Herrmann. Die Kollegin aus Zürich habe sich auf das Speedtraining konzentriert, die Herren auf die Technik. In El Colorado und in einem weiteren Skigebiet – La Parva – hatten sie denn auch die Möglichkeit, an Riesenslalom- und Slalomrennen des South American Cups (SAC) teilzunehmen – eine von der FIS organisierte internationale Rennserie. Sie allesamt seien mit ihren Ergebnissen zufrieden, so erzielten sie Zeiten zwischen den zehn bis zwanzig Schnellsten. Allerdings: «Jeder ist bei einem Rennen rausgefallen. Ich beim Slalom, die anderen beim Riesenslalom», erzählt Herrmann.
Perfekte Konditionen
Der Schnee habe sich fantastisch angefühlt. «Der Winterschnee in Chile ist natürlich kein Vergleich mit den Sommerverhältnissen auf unseren Gletschern. Der Schnee war schön trocken, er war super, um zu trainieren», so Herrmann. Grosse Liftanlagen hätten sie aber nicht angetroffen: Fast überall seien entweder Bügel- oder Zweiersessel installiert gewesen. «Es handelt sich oftmals um alte Anlagen, die in einem europäischen Skigebiet abgebaut und in Südamerika wieder aufgebaut wurden.» Zudem seien die Anlagen oftmals mit Diesel oder Gas betrieben worden. «Auch die Schneemaschinen erhalten so ihren Strom. Riesenaggregate stehen neben den Kanonen», schildert Herrmann. «Es ist ein Mittel zum Zweck, auf die Umwelt wird da weniger Rücksicht genommen.»
Am Ende bewertet Janis Herrmann das Abenteuer Südamerika positiv. «Es hat mir sehr gut gefallen, es war super. Es war ein Erlebnis, welches man nicht so schnell vergisst.»
SCHWEIZERISCHER AKADEMISCHER SKICLUB
Der SAS ist ein Regionalverband von Swiss-Ski und fördert den akademischen Skisport in der Schweiz. Im Auftrag des Schweizer Hochschulsport-Verbandes organisiert der Club verschiedene Events. Ein eigentliches Kader gibt es nicht, sondern ein SAS Alpin Team. «Durch ein gezieltes Training mit professionellen Strukturen verfolgt das Alpin Team das Ziel, jeden Athleten an sein Leistungsmaximum zu bringen – egal ob dieser aus der Studentenmannschaft oder einem Swiss-Ski-Kader kommt», schreibt der SAS. Der Club hat ein Angebot an Sportleistungen im Bereich Ski Alpin, Ski Nordisch und Alpinismus. Darüber hinaus ist der SAS ein Förderer von Studierenden aller Richtungen, welche Sport und Studium verbinden möchten.
PD