Mehr als vier Jahre Gefängnis für Franz A. Zölch
04.03.2022 JustizDas Berner Obergericht hat die Strafe gegen Franz A. Zölch verschärft. Der einstige Jurist wurde zweitinstanzlich zu vier Jahren und fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Weshalb diese Verschärfung?
PETER SCHIBLI
Mit dem erstinstanzlichen Urteil des Regionalgerichts Bern Mittelland vom 16. März 2021 waren beide Seiten unzufrieden: Deshalb gingen sowohl die Generalstaatsanwaltschaft als auch der amtliche Verteidiger des Beschuldigten in die Berufung. Die Staatsanwaltschaft forderte vor Obergericht erneut eine Strafe von 56 Monaten, die Verteidigung einen Freispruch vom Betrugsvorwurf.
Das Obergericht des Kantons Bern hat nun am Mittwoch den erstinstanzlichen Schuldspruch gegen den prominenten Medienjuristen, Dozenten, Sportfunktionär, Ex-Brigadier und früheren Regierungsratsgatten Franz A. Zölch (73) massiv verschärft. Statt 30 Monate (davon 18 Monate bedingt) lautet das Urteil nun 53 Monate Gefängnis unbedingt. Nach oben korrigiert hat das Gericht auch die Deliktssumme und zwar von 330’000 auf 623’000 Franken. Die entsprechenden Zivilforderungen von zehn Privatklägerinnen und -klägern wurden gutgeheissen.
Der tatsächliche Schadensbetrag dürfte weit höher liegen: Die Interessengemeinschaft Zölch-Geschädigter (IGZG) geht davon aus, dass der frühere Jurist etwa hundert Personen um rund vier Millionen Franken betrogen hat. Im Vergleich dazu muten die Verfahrenskosten geradezu bescheiden an: Der Beschuldigte wurde zur Bezahlung von Untersuchungs- und Prozesskosten in der Höhe von 38’400 Franken verurteilt.
Klare Worte des Gerichts
Mit welcher Begründung hat die 2. Strafkammer des Obergerichts das erstinstanzliche Urteil verschärft? Während der gut einstündigen Eröffnung nannte der Kammerpräsident den Beschuldigten «einen Serienbetrüger ohne Einsicht und Reue». Dieser habe mehrfach gewerbsmässig gehandelt, sein Vertrauensverhältnis zu den Darlehensgebern schamlos ausgenützt und regelmässig ein Lügengebäude errichtet. Zu keinem Zeitpunkt sei er willig und in der Lage gewesen, die Darlehen zurückzuzahlen. Deshalb sei die Täuschung immer arglistig gewesen, sagte der Richter.
Im Gegensatz zur Vorinstanz, die Zölch in drei Betrugsfällen wegen fehlender Arglist freigesprochen hatte, sah das Obergericht die zwingende Voraussetzung in allen Fällen für erwiesen. «Arglistig handelt, wer seine Darlehensgeber im Punkt des Rückzahlungswillen täuscht und diese die Angaben nicht überprüfen können,» zitierte der Kammerpräsident die in den letzten Jahren verschärfte Praxis des Bundesgerichts.
Salbungsvolle Worte blieben warme Luft
Klare Worte fand das Gericht zu Zölchs Charakter: Der Beschuldigte habe seinen Darlehensgebern versprochen, «auf den Weg der Wahrheit» zurückzukehren. Bis zum heutigen Tag sei er den Beweis für dieses Versprechen schuldig geblieben. Der Beschuldigte sei gegenüber Freunden und Bekannten «geradezu bösartig und perfid» vorgegangen. In einem Fall sei er nicht einmal davor zurückgeschreckt, «eine alte Liebe auszunehmen wie eine Weihnachtsgans». Seine «salbungsvollen Worte» seien stets «warme Luft» geblieben.
Zölch habe sich in der Öffentlichkeit aufgeführt «wie ein Sunnyboy und Sonnenkönig». Vor der finanziell katastrophalen Lage seiner Kanzlei habe er die Augen aber stets verschlossen. Den Vorwurf des Verteidigers, Zölch sei von den Medien vorverurteilt worden, liess das Obergericht nicht gelten. Die in der Presse erschienen Artikel seien nicht wahrheitswidrig gewesen, sondern hätten den Tatsachen entsprochen. Zölch habe es stets verstanden, sich medienwirksam zu präsentieren. «Wer die Presse sucht, muss sich nicht wundern, wenn diese kommt und berichtet», bemerkte der Kammerpräsident.
Strafmilderung für schwere Erkrankung
Zölch war bereits in der Vorinstanz und dann auch vor Obergericht nicht persönlich erschienen. Er hatte seinen Anwalt vorgeschickt und seine Abwesenheit jedes Mal mit seinem schlechten Gesundheitszustand begründet. Nach Aussage des Kammerpräsidenten hat der Beschuldigte auch seinen eigenen Arzt belogen und sich mehrfach hinter Arztzeugnissen versteckt. Zu keinem Zeitpunkt sei er bereit gewesen, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Ein Schuldeingeständnis passe nicht zu seinem Weltbild. Gleichwohl würdigte das Obergericht den schlechten Gesundheitszustand des Beschuldigten, eine schwere Nierenerkrankung, mit einer Strafmilderung von zwei Monaten. Trotz Dialyse und Schwindelanfällen wäre es für den Beschuldigten aber zumutbar gewesen, rund eine Stunde vor Obergericht zu erscheinen, hiess es. Doch auch zur Urteilseröffnung erschien Zölch am Mittwoch nicht persönlich.
Der jüngste Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig. Es ist damit zu rechnen, dass Franz Zölch das Urteil des Obergerichts an das Bundesgericht weiterziehen und damit zwei weitere Jahre in Freiheit gewinnen wird. Denn ins Gefängnis will der tief gefallene Hotelierssohn aus Spiez unter keinen Umständen.