«Ist St. Stephan ein Bauernopfer?»

  17.04.2018 Obersimmental

So titelt der Gemeinderat von St. Stephan in einer Medienmitteilung, nachdem die BDG AG rund 24 Stunden vor der Gemeindeversammlung von Saanen die sofortige Einstellung des Betriebs der Sesselbahn Ried-Lengenbrand bekannt gab.

«Einmal mehr bewegen die Bergbahnen die Gemüter», schreibt der Gemeinderat von St. Stephan in einer Medienmitteilung. Am Freitagabend habe die Gemeindeversammlung von Saanen über einen jährlich wiederkehrenden Beitrag von 3,8 Millionen Franken für fünf Jahre, insgesamt 19 Millionen Franken, abgestimmt. Eigenartig mute es an, dass rund 24 Stunden vorher ein Bote bei der Gemeindeverwaltung St. Stephan kurz vor Schalterschluss ein Schreiben mit der Ankündigung der Schliessung des Zubringers St. Stephan abgegeben habe. Die BDG begründe den Entscheid mit dem Nein zur Beteiligung an der Sanierung durch die Gemeinde St. Stephan. «Diese Behauptung wurde aus dem Kontext gerissen», schreiben die Behörden von St. Stephan. «Bereits vor zwei Jahren war klar, dass die BDG ohne die Weiterführung der jährlich wiederkehrenden Beiträge der Gemeinden den Betrieb nicht sicherstellen kann und der Ersatz von grossen Anlagen nach dem Kostenverteilschlüssel 60 % durch die Standortgemeinden oder Sponsoren/Gönner und 40 % durch die BDG vorgenommen werden muss.» Weil diese Klauseln die finanziellen Möglichkeiten von St. Stephan überstiegen, habe die Gemeindeversammlung das Sanierungskonzept zwar abgelehnt, aber die Türe nie zugeschlagen. Unter dem Vorbehalt, dass in St. Stephan ein Einstiegsportal realisiert werde, habe die Gemeindeversammlung am 27. November 2015 die Bezahlung der Sanierungsbeiträge genehmigt. «Wäre der Entscheid der BDG bei einem Ja zur Sanierung anders ausgefallen?», heisst es in der Medienmitteilung. Und weiter: «So wie die Gespräche mit der BDG in den letzten Jahren verlaufen sind, können wir uns nicht vorstellen, dass sich trotz der Bezahlung einer Summe von rund 450 000 Franken an den Plänen der BDG etwas geändert hätte.»

Enttäuscht und frustriert
Das Ungemach habe sich vor einiger Zeit angekündigt. Zuerst habe die BDG wochenlang das Gespräch verweigert, danach habe sich der Gemeinderat zu Stillschweigen verpflichten müssen. Und obwohl die BDG es dem Gemeinderat mehrmals in Aussicht gestellt habe, habe dieser bis heute den Zustandsbericht nicht einsehen können. «Unser Angebot für eine Weiterbezahlung des jährlich wiederkehrenden Beitrags von 85 000 Franken – solange der bestehende Zubringer betrieben wird – blieb bis heute von der BDG unbeantwortet.»

Enttäuscht und frustriert habe der Gemeinderat am Donnerstagabend von der Schliessung der Sesselbahn Ried– Lengenbrand Kenntnis nehmen müssen. «Die Leittragenden, welche Kunden der BDG sind, sind unsere Gäste – darunter viele langjährige und treue Stammgäste – und unsere Leistungsträger, aber auch unsere Bevölkerung. Offensichtlich sind unsere Schneesportler für die BDG nicht wichtig.» Es sei es den Verantwortlichen der BDG wohl egal, wenn diese Schneesportler an die Lenk abwanderten. In der Medienmitteilung sei kein Wort über flankierende Massnahmen zu finden. «Hier nur eine Frage von vielen, die sich nun stellen: Wo und wie soll künftig der Skiklub St. Stephan das Training der JO durchführen?»

Aus dem Schreiben der BDG habe der Gemeinderat erstmals erfahren, dass der Entscheid für die Wiederaufnahme des Betriebs bis zum 15. Juli gefällt sein müsse, Zahlen lägen jedoch keine vor.

«Regionale Zusammenarbeit liegt im Argen»
Jahrein und jahraus werde bei Zusammenkünften oft das Loblied für eine bessere Zusammenarbeit unserer Region angestimmt. Seit Jahren beklagten sich das Saanenland und das Simmental über stagnierende Tourismuszahlen. Laufend würden auf dem Papier für viel Geld neue Konzepte entwickelt. «Mit Leuchttürmen und neuen Erlebniswelten sollen unsere Gäste für längere Aufenthalte motiviert werden. Obwohl viele die Vision, die Skigebiete Gstaad und Adelboden-Lenk zusammenzuschliessen, eine zündende Idee finden und grosse Teile der Finanzierung sichergestellt wären, wird der Zusammenschluss nicht weiterverfolgt. Leider folgen vielen schönen Worten keine Taten.» Anstatt besser zusammenzuarbeiten, dividierten sich das Simmental und Saanenland immer mehr auseinander.

PD/ANITA MOSER


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